Unsere Reise in Elden Ring Nightreign beginnt nicht mit der Weite und dem vagen Versprechen eines gefallenen Königreichs, sondern mit einer unmittelbaren, greifbaren Katastrophe. Das Land, das wir einst als Limgrave kannten, ist nun Limveld, ein von einer urzeitlichen Finsternis und einem kataklysmischen Ereignis namens „Nightreign“ heimgesuchter Albtraum. Als sogenannte Nachtfahrer erwachen wir in der vertrauten, doch nun düsteren Zuflucht der Tafelrundfeste. Eine Priesterin klärt uns über unser Schicksal auf: Wir müssen die acht Nachtfürsten besiegen, die diese verdorbene Welt beherrschen, und die Herrschaft der Nacht brechen. Die Atmosphäre ist vom ersten Moment an erdrückend.
Limveld präsentiert sich als eine verzerrte, kränkliche Version der uns bekannten Landschaften – eine Palette aus gelblichen, schlammigen Tönen, übersät mit spektralen Grabsteinen, die aus dem Boden ragen und von vergangenen Schrecken zeugen.
Schnell wird klar, dass Nightreign die Formel des Hauptspiels radikal neu interpretiert. Statt einer epischen, hunderte Stunden umfassenden Odyssee erleben wir ein in sich geschlossenes Roguelike-Abenteuer, das auf kurze, intensive Durchläufe von etwa 45 Minuten ausgelegt ist. Das Ziel ist es, über einen Zyklus von drei In-Game-Tagen hinweg Ausrüstung zu sammeln, stärker zu werden und sich auf den Kampf gegen einen der prächtigen, aber tödlichen Nachtfürsten vorzubereiten.
Die prozedurale Neuanordnung von wichtigen Orten und Gegnern in jedem Durchlauf sorgt für eine erfrischende Unvorhersehbarkeit. Es ist ein mutiges Experiment, das FromSoftware hier wagt – eine bewusste Abkehr von der etablierten Formel, die das Studio an die Spitze der Branche katapultiert hat. Dieser erste Eindruck ist geprägt von einer Mischung aus Faszination für den frischen Ansatz und der Erkenntnis, dass dieser Wandel sowohl große Chancen als auch besondere Herausforderungen birgt.
Gameplay
Gemeinsam im Rausch, allein in der Prüfung
Im Kern des Gameplays von Elden Ring Nightreign schlagen zwei Herzen. Im kooperativen Modus mit drei Spielern entfaltet das Spiel sein volles, berauschendes Potenzial. Hier greifen alle Systeme perfekt ineinander. Die einzigartigen Fähigkeiten der verschiedenen spielbaren Helden erzeugen mächtige Synergien, die das gemeinsame Vorgehen zu einer taktischen Freude machen. Der entscheidende Faktor ist jedoch die Möglichkeit, gefallene Kameraden wiederzubeleben.
Dieses Sicherheitsnetz erlaubt es dem Team, waghalsige Manöver durchzuführen und sich koordiniert den überwältigenden Gegnermassen zu stellen. In diesen Momenten ist Nightreign schlichtweg brillant – ein chaotisches, aber stets kontrollierbares Ballett der Zerstörung, das in triumphale Siege über scheinbar unüberwindbare Hindernisse mündet. Die Kommunikation und das Zusammenspiel im Team werden zur wichtigsten Waffe und machen jeden erfolgreichen Durchlauf zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Wechseln wir jedoch in den Einzelspielermodus, offenbarte sich anfangs eine deutliche Unwucht. Ursprünglich war das Spiel in seiner Balance klar auf das kooperative Erlebnis mit drei Spielern ausgerichtet, was Solo-Abenteurer vor eine immense, teils frustrierende Herausforderung stellte. Die Begegnungen und die Aggressivität der Bosse waren für ein Team konzipiert, wodurch Einzelspieler ohne die Möglichkeit der Wiederbelebung durch Kameraden schnell an ihre Grenzen stießen.
FromSoftware hat jedoch auf die Kritik der Community gehört und mit einem zeitnahen Update entscheidend nachgebessert. Dieses führte wichtige Anpassungen für den Einzelspielermodus ein, darunter eine einmalige automatische Wiederbelebung in Bosskämpfen und eine Erhöhung der erhaltenen Runen. Diese Änderungen haben das Erlebnis für Solisten spürbar fairer und zugänglicher gestaltet, ohne die grundsätzliche Herausforderung zu eliminieren, und verwandeln die anfängliche Qual in eine nun packende und meisterbare Prüfung.
Diese Herausforderung zeigt sich besonders in den Kämpfen gegen die Nachtfürsten. Visuell sind diese Begegnungen ein absolutes Spektakel und gehören zum Besten, was FromSoftware je entworfen hat. Mechanisch verlangen sie den Spielern jedoch alles ab. Die Bosse entfesseln lange, beeindruckende Angriffsketten, die an Anime-Kämpfe erinnern und nur kleine Fenster für Gegenangriffe offenlassen. Geduld und präzises Timing sind hier der Schlüssel zum Erfolg, während man gelegentlich mit der Kameraführung bei sehr großen Gegnern oder schwer lesbaren Angriffsmustern zu kämpfen hat.
Das Spiel reagiert zudem sehr aufmerksam auf die Aktionen des Spielers und kontert Heilungsversuche oft aggressiv. Dies führt zu einer interessanten Dynamik: Obwohl das Spiel eine riesige Vielfalt an Waffen und Fähigkeiten bietet, wie es für ein Roguelike typisch ist, erfordern die Boss-Designs eine Anpassung der Strategie. Statt roher Gewalt sind oft schnelle Angriffe und das genaue Studium der Bewegungsmuster gefragt, was die spielerische Freiheit zwar etwas eingrenzt, aber gleichzeitig zu einem intensiven und lohnenden Lernprozess führt.
Grafik & Sound
Ein Fest für die Sinne mit technischem Kater
Wo das Gameplay eine gespaltene Erfahrung bietet, ist die audiovisuelle Präsentation von Elden Ring Nightreign auf der PS5 eine Demonstration künstlerischer Meisterschaft, die jedoch von technischen Unzulänglichkeiten getrübt wird. Das Design der Spielwelt ist schlichtweg Weltklasse.
Limveld ist, obwohl es auf bekannten Elementen basiert, eine atemberaubend schöne und eigenständige Welt. FromSoftwares Beherrschung von Licht, Farbe und Architektur schafft unvergessliche Panoramen. Von dschungelartigen Ruinen, die eine fast greifbare, feuchte Hitze ausstrahlen, über ehrfurchtgebietende, graue Wälder bis hin zu Küstenabschnitten, die in einem Meer aus blauen und roten Blumen erstrahlen – jede Region hat eine einzigartige, fesselnde Identität. Die Welt ist nicht nur weitläufig, sondern auch unglaublich vertikal und verschachtelt, was die Erkundung zu einem ständigen Quell der Entdeckung macht.
Diese visuelle Pracht wird von einer ebenso beeindruckenden Klangkulisse untermalt. Der Soundtrack, komponiert von Yuka Kitamura und Tai Tomisawa, ist ein Meisterwerk für sich. Die Musik reicht von subtilen, unheimlichen Ambient-Klängen, die die trostlose Atmosphäre von Limveld perfekt einfangen, bis hin zu bombastischen, orchestralen Epen während der Bosskämpfe, die jede Konfrontation zu einem opernhaften Ereignis machen. Das Sounddesign ist wuchtig und präzise; jeder Treffer, jeder parierte Schlag hat das befriedigende Gewicht, das wir von dem Studio gewohnt sind.
Die technische Umsetzung auf der PS5 kann mit dieser künstlerischen Brillanz jedoch nicht immer ganz Schritt halten. Im Performance-Modus, der für die meisten Spieler die bevorzugte Wahl sein dürfte, zielt das Spiel auf 60 Bilder pro Sekunde ab. Dieses Ziel wird in ruhigeren Momenten oft erreicht, doch in intensiven Kämpfen oder in grafisch aufwendigen Arealen wie der Burg Ensis kann die Bildrate auf 45-50 fps fallen, in seltenen Fällen auch darunter. Die VRR-Unterstützung der PS5 hilft dabei, diese Schwankungen abzufedern, stößt aber an ihre Grenzen, wenn die Bildrate unter 48 Hz fällt, was zu leichtem Ruckeln führen kann.
Die Modi für Qualität und Ray-Tracing bieten eine höhere visuelle Wiedergabetreue, laufen aber in einem instabileren Bereich von 30-40 fps, was für ein schnelles Actionspiel nicht immer ideal ist. Es sind bekannte technische Hürden, die schon das Hauptspiel teilweise aufwies und die zeigen, dass der Fokus der Entwicklung klar auf dem künstlerischen und spielerischen Inhalt lag.
Fazit
Ein brillantes, aber nicht ganz perfektes Abenteuer
Elden Ring Nightreign hinterlässt uns mit vielschichtigen Gefühlen. Es ist ein Spiel der Extreme, ein Pendel, das zwischen genialem Design und anfänglichen Schwächen schwang. Auf der einen Seite steht ein mutiges, innovatives Konzept, das im Koop-Modus zu einem der fesselndsten Multiplayer-Erlebnisse der letzten Jahre wird. Die Synergien, die Spannung und der Triumph des gemeinsamen Überlebens sind unvergesslich. Gepaart mit einer atemberaubenden künstlerischen Vision und einem meisterhaften Soundtrack, erreicht Nightreign in diesen Momenten eine schwindelerregende Höhe.
Auf der anderen Seite stehen die anfänglichen Hürden. Insbesondere der Einzelspielermodus war zum Start eine unausgewogene Erfahrung, die viele Spieler vor eine Wand aus Frustration stellte. Es ist jedoch ein starkes Zeichen für die Entwickler, dass sie auf das Feedback der Community reagiert und mit einem Patch für eine deutlich fairere Balance gesorgt haben.
Die Bosskämpfe, so spektakulär sie auch inszeniert sind, bleiben eine extreme Herausforderung, die eine spezifische, geduldige Herangehensweise belohnt und damit die spielerische Vielfalt etwas einschränken kann. Auch die technische Leistung auf der PS5 ist nicht makellos und zeigt, dass die Priorität eindeutig auf dem Inhalt und nicht auf einer perfekten Bildrate lag.
Unsere Empfehlung fällt daher differenziert aus. Für eine eingespielte Gruppe von drei Freunden, die eine neue, hochkarätige Koop-Herausforderung suchen, ist Elden Ring Nightreign eine uneingeschränkte Empfehlung und jeden Cent wert. Dank der jüngsten Updates ist das Spiel nun aber auch für den traditionellen FromSoftware-Fan, den einsamen Wolf, eine lohnende und faire, wenn auch weiterhin sehr anspruchsvolle Erfahrung.
Nightreign ist ein faszinierendes und mutiges Experiment. Es ist ein brillanter Thron, der anfangs einige Risse aufwies, nun aber gefestigt dasteht – eine fordernde, aber letztlich erreichbare Krönung für jeden, der die Herausforderung
- Gemeinsam mit anderen Spielern stellt Ihr Euch der vorrückenden Nacht und den Gefahren darin in fesselnden Koop-Kämpfen für drei Spieler.
- Übernehmt das Kommando über Helden mit unvergleichlichen Begabungen, eigenen Talenten und einzigartigem Design.
- Überwindet eine unaufhaltsame Umweltgefahr, die ein Land heimsucht, das sich zwischen jeder Spielsitzung wandelt, und besiegt den furchtsamen Fürsten jener Nacht!