Bild: Deep Silver

[ TEST ] METRO EXODUS – Mit dem Zug aus Moskau

Ein weiteres Mal schickt uns das ukrainische Entwicklerstudio 4A-Games in die postapokalyptische Welt, die von den gleichnamigen Büchern Dmitri Gluchowskis inspiriert ist. Wir haben Metro Exodus für euch getestet.

Ersteindruck
Raus aus den Tunneln, rein in`s Ungewisse

Über 25 Jahre sind seitdem Atomkrieg der Großmächte vergangen. Seitdem liegt die Welt in Schutt und Asche. Ein Leben an der völlig verstrahlten Erdoberfläche, mit ihren von Bomben vernarbten Landschaften und den zertrümmerten Stadtbildern, scheint nicht mehr möglich. Die Übriggebliebenen fliehen in die verschlungenen Tunnel der Moskauer Metro. Das größte zusammenhängende U-Bahnsystem der Welt.

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Ein Leben dort ist dunkel und trist und voller Gefahren. Längst haben sich fanatische Clans und machthungrige Gruppierungen die anarchische Welt der Metro zunutze gemacht und streben nach einer neuen Gesellschaft, die allein nach ihren eigenen Ideologien lebt. Doch das sind nicht die einzigen Gefahren. Der nukleare Winter hat die einstige Tierwelt zu groteske Kreaturen verformt, die ebenso gierig um ihren Platz in der Metro kämpfen. Wer sich in den labyrinthischen Gefilden der Katakomben verirrt, ist allzu leichtes Futter.

Während die beiden Vorgänger Metro 2033 und Metro Last Light noch sehr lineare Ego-Shooter waren, in denen wir die meiste Zeit in den engen Tunneln der namensgebenden Metro verbracht haben, bricht Exodus aus dieser sehr begrenzten Welt aus. Unser Held Artyom, seine Freunde und Wegbegleiter machen sich auf, die Moskauer Metro für immer zu verlassen. Ein gefährliches Unterfangen. Mit einem der letzten funktionierenden Lokomotiven, die wir in einer halsbrecherischen Mission entführen, durchqueren wir die verwüsteten Landschaften Russlands. Immer in der Hoffnung darauf, einen Ort zu finden, der weniger lebensfeindliche Umstände in sich birgt, als das zerstörte Moskau. Und es gilt zahlreiche Geheimnisse aufzudecken. Sind die restlichen Länder auf der Welt ebenso in Mitleidenschaft gezogen worden, wie die Regierenden in der Hauptstadt immer behauptet haben?


Gameplay
Schießen, Schleichen, Überleben, Looten und Craften

Die Vorgänger von Metro Exodus spielten sich immerzu sehr schlauchig. Die beengten Tunnel ließ das auch kaum anders zu. Doch jetzt brechen wir auf, in größere Welten und sehr weiträumigere Areale. Diese dürfen wir jederzeit frei und selbstbestimmt erkunden. Was werden wir in diesem alten Fabrikgebäude wohl finden? Jede Menge Munition, Waffen und wichtige Ressourcen? Werden wir dort ein Außenposten von Banditen vorfinden, die uns sofort aufs Korn nehmen, sobald sie uns erhaschen? Oder stechen wir mitten in ein Nest voller verseuchter Kraturen? Fragen über Fragen. Das recht offen gestaltete Missions-Design gibt uns die Freiheit, genau das selbst herausfinden zu können.

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Dabei verfolgen wir immer eine primäre Mission, in der wir beispielsweise eine elektrische Draisine aus einer riesigen Schiffswerft bergen müssen. Zusätzlich stolpern wir aber auch immer wieder auf einige optionale Nebenmissionen, in denen wir etwa einen Teddybären finden, mit dem wir das verängstigte Mädchen trösten, das sich mitsamt ihrer Mutter unserem Trupp angeschlossen hat. Oder wir stapfen einfach der Neugierde wegen durch die raue Welt.

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Raue Welt trifft es dabei ziemlich gut. Die Atmosphäre ist fantastisch gelungen. Allein die Wetter- und Lichteffekte gehören mit zu den besten, die wir neben Red Dead Redemption 2 und Horizion zero Dawn bisher erleben durfen. Schlammige Pfützen, sumpfige Wildnis, verschneite Wälder oder verfallene Gebäude. Die Umgebungen lassen uns glaubwürdig in eine Welt des nuklearen Winters eintauchen. Was Fallout gut gemacht hat, macht Metro Exodus hier um viele Schippen besser.

Sind wir dann nun auf Feinde gestoßen – egal ob Mensch oder Mutant, sollten wir uns zweimal überlegen, ob wir wild drauflosballern. Zum einen lockt der Krach sämtliche umliegenden Feinde an und zum anderen sind unsere Ressourcen stets sehr knapp. In einer gesetzlosen Welt ist Munition zu einer mächtigen Währung geworden – ebenso selten wie begehrt. Wer hier in wilder Call-of-Duty-Manier rumballert, hört bald schon das metallische klicken seiner leergeschossenen Waffen.

Oft ist Schleichen eine deutlich bessere Taktik. Metro ist nämlich kein Schießbuden-Shooter, sondern viel mehr ein Shooter mit vielen Schleich- und Survival-Elementen. Looten und Craften spielen hier eine ganz grundsätzliche Rolle. Die Schleichmechanik ist hier sehr fließend und intuitiv gelungen. Wir machen uns das Spiel aus Licht und Schatten zu Nutze, um uns ungesehen an unsere Feinde annähern zu können. Befinden wir uns im Schatten, sind wir nahezu unsichtbar. Gezielt lassen sich zudem Lichter ausschalten oder ausschießen. Wenn auch das nichts mehr hilft, leisten uns ein Schalldämpfer und unsere zuvor gecrafteten Wurfmesser sehr gute Dienste.

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Und für den Fall, dass wir tatsächlich aufgeflogen sein sollten, packen wir unsere Waffen aus und nehmen unsere Gegner aus einer guten Deckung heraus aufs Korn. In diesen Momenten enthüllt Metro allerdings seine größte Schwäche: Die KI der NPCs zeichnet sich nicht gerade durch taktische Raffinesse aus. Oft laufen sie wie eine Gruppe aufgescheuchter Schulkinder umher, suchen unsere Position, obwohl wir wenige Meter gut sichtbar vor ihnen stehen oder wechseln ihre eigene Position völlig Planlos hin und her. Für uns sind die menschlichen Gegner dann ein allzu leichtes Ziel, in denen wir dankbar unsere Kugeln versenken. Die Kreaturen verhalten sich da schon deutlich offensiver und gefährlicher.

Darüberhinaus bietet uns Metro Exodus unsere Waffen und Ausrüstung mit den erbeuteten Materialien hochzurüsten und noch nützlicher zu machen. An den Werkbänken, die es überall in der Spielwelt verteilt zu finden gilt, montieren wir spielend einfach eine Vielzahl an neuen Aufsätzen auf unsere Wummen. Wie wäre es mit einer Schrotflinte mit zwei Läufen? Oder mit vier Läufen? Darf es ein Reflexvisier sein oder ein extra langer Griff für mehr Stabilität? Auch im Crafting bietet uns der post-apokalyptische Shooter viele Freiheiten. Das Gunplay kommt dabei überraschend schwerfällig daher. Es ist wohl eine bewusste Entscheidung der Entwickler, aus Artyom einen weniger Wendigen Helden zu machen, wie wir ihn in den meisten anderen Shootern vorfinden. Wenn wir unser Sturmgewehr auf einen Feind richten wollen, dauert das eben ein wenig länger, als beispielsweise in einem sich flott spielenden Fortnite. Artyom soll hier weniger wie eine übermächtige Ein-Mann-Armee wirken, sondern vielmehr holt man ihn mit seinen begrenzten Fähigkeiten mehr auf Augenhöhe mit den Gegnern.


Grafik / Sound
Schrecklich Schön

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Kurz gesagt: Die Optik von Metro Exodus ist atemberaubend und gehört mit zu dem besten, was  bisher auf den heimischen Bildschirmen gezaubert wurde. Die Umgebungen wurden mit sehr viel Liebe für kleine Details gestaltet. Die Texturen sind durchweg sehr scharf aufgelöst und Wetter- und Lichteffekte bringen eine Atmosphäre ins Spielgeschehen, wie wir sie im Shooter-Genre seit Bioshock nicht mehr erleben durften. Die weitläufigen Welten markieren wohl die größte Neuerung der Serie. Der Sprung von kleine in große Levelareale ist mehr als geglückt. Wenn wir in dunkel verhangene Gebäude vordringen müssen, die rostig und verfallen auf ihrem Fundamenten ruhen, und uns durch deren Innenleben kämpfen müssen, dann mutiert Metro Exodus gar zu einem Horrorspiel. Und wenn wir dann unsere Shotgun abfeuern und durch die wunderbar animierten Rauschschwaden unseren Widersachern zeigen, wer hier die Hosen anhat, dann hat das nicht nur jede Menge Stil, sondern ist obendrein auch noch richtig schick anzuschauen. Einziger Wermutstropfen sind hier die sehr steifen Gesichtsmimiken der Protagonisten. Mit fast puppenhaft starren Gesichtern tragen die ihre Dialoge vor. Das erinnert eher an 2004 anstatt an 2019 – Schade.

Nicht nur auf die Augen, auch auf die Ohren gibt es jede Menge in Metro Exodus. Der Soundtrack hält sich oft fast kaum wahrnehmbar zurück, nur um dann in spannungsgeladenen Momenten über unsere Ohren hereinzubrechen wie eine Welle über einem Surfer. Die deutsche Vertonung der Charaktere ist äußerst stimmig und gelungen und gehört ebenfalls mit zur besten Lokalisierung, die wir bisher zu hören bekommen haben. Der Sound der Action und vorallem der Waffen im Spiel ist unheimlich wuchtig und kraftvoll. Hier kriegt selbst der Nachbar noch einen Satz heiße Ohren. Die Xbox One X Version von Metro Exodus bietet obendrauf noch eine Dolby Atmos Unterstützung als besonderes Bonbon.


Umfang
Das umfangreichste Metro bisher

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Metro Exodus ist deutlich umfangreicher als seine beiden Vorgänger. Die verschiedenen Areale wurden nicht nur sehr weitläufig und mit vielen spielerischen Freiheiten gestaltet. Sie sind auch äußerst abwechslungsreich. Wir kämpfen uns durch alle vier Jahreszeiten hindurch und durchleben einen dynamischen Tag und Nacht Wechsel. Obendrein werden eine Vielzahl verschiedener Schwierigkeitsgrade geboten. Auf Einfach ist Metro Exodus nur ein simpler Shooter, in dem nach herzenslust geballert und geschlichen werden darf. Auf Normal zieht der Anspruch an unsere Fähigkeiten schon spürbar an. Munition und Ressourcen sind hier knapp bemessen. Wie wir hier vorgehen, sollten wir uns gut überlegen. Die beiden höchsten Schwierigkeitsgrade verwandeln das Endzeit-Abenteuer in ein beinhartes Survival-Erlebnis. Für jeden Spielertyp ist etwas dabei.

Wer die Story mit all seinen Nebenmissionen durchspielen möchte, investiert leicht 25 Stunden. Für einen reinen Story-Ego-Shooter ein stolzer Umfang.


Fazit
Ein post-apokalyptisches Highlight

5 von 5 Sterne herausragend blauA4 Games und Deep Silver haben es wieder einmal geschafft. Da wo Metro 2033 und Last Light schon gut hervorgestochen sind, hat man noch mehrere Schippen draufgelegt. Gleichzeitig ist man der Spieleserie treu geblieben und hat sie besonders mit den weitläufig und wunderbar detaillierten Umgebungen konsequent weiterentwickelt. Das Gameplay fühlt sich dabei jederzeit gut an. Präsentation, Grafik, Sound und Atmosphäre spielen ganz oben mit. Federn lassen, muss Metro Exodus lediglich bei der oft dümmlichen Gegner-KI und der sehr spärlichen Gesichtsanimation der Charaktere. 

Ein packender und atmosphärischer Ego-Shooter in einer wunderbar-gruseligen Endzeit-Welt. Ein echtes Highlight im Jahr 2019.


Metro Exodus erscheint am 15. Februar 2019 für PS4, Xbox One und PC

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