Bild: Bandai Namco

[ TEST ] The Dark Pictures Anthology: Man of Medan – Ein Geisterschiff und ein Hauch von Trash.

Nach langem Warten dürfen wir nun endlich das Geisterschiff in The Dark Pictures Anthology: Man of Medan betreten und versuchen herauszufinden, was auf dem alten, rostigen Kahn passiert ist. Ob das Spiel den hohen Erwartungen gerecht wird und das erhoffte Horror-Highlight ist, erfahrt ihr im Test.


Ersteindruck
Auf den Spuren von Until Dawn.

Man nehme ein paar junge Erwachsene, ein paar böse Buben, ein Geisterschiff und fertig ist der Plot für ein unterhaltsames Horrorspiel. So ungefähr strickt sich die Grundgeschichte in Man of Medan. Dabei hat man bei Supermassive Games die Erfahrungen von Until Dawn mit einfließen lassen, um ein filmisch inszeniertes Spiel zu entwickeln, das allein aufgrund des unverbrauchten Settings und dem leichten Trash-Faktor aus der Masse an Horrorspielen hervorsticht und fast schon Seinesgleichen sucht. In den ersten ein bis zwei Stunden wird dabei leicht Spannung aufgebaut und eine tolle, filmreife Atmosphäre erzeugt. Die DNA von Until Dawn ist dabei deutlich spürbar und lässt darauf hoffen, dass Man of Medan ein ähnlich tolles Erlebnis wird. Der Anfang des Spiels macht auf jeden Fall mächtig Bock auf mehr.


Gameplay
Fast so leicht wie Film gucken.

Der Kurator ist sowas wie der Geschichtenerzähler im Spiel. / Man of Medan
Der Kurator ist sowas wie der Geschichtenerzähler im Spiel. / Man of Medan

Wer Until Dawn kennt, der wird mit Man of Medan keine Probleme bekommen. Das Gameplay ist fast identisch und nur an wenigen Stellen etwas angepasst worden. Während der vielen Zwischensequenzen, gibt es immer mal wieder kleine Quicktime-Events (QTE), bei denen man möglichst schnell die richtige Taste drücken oder eine bestimmte Aktion auslösen muss. In den Optionen kann man die Zeitvorgabe für QTEs aber auch komplett deaktivieren, wenn man es sich ein bisschen einfacher machen möchte.

In den Szenen, in denen ihr die Charaktere direkt steuern könnt, gilt es die Gänge des Schiffes zu erkunden und hier und da kleine Geheimnisse zu entdecken, die mehr über die Geschichte des Geisterschiffes und seiner Crew verraten. So findet ihr z.B. viele Dokumente in denen etwas über die Hintergründe und Ereignisse auf dem alten Kahn zu lesen ist.
Das hört sich erstmal nicht besonders schwer an, kann aber hier und da zu einem echten Akt werden. Die Steuerung der Charaktere ist oft störrisch und ungenau. Immer wieder hängt man an Hindernissen und Kanten fest, das Anvisieren der Interaktionsobjekte artet oft in wildes Gezappel aus und auch die Tatsache, dass die Figuren sich sehr langsam bewegen, tragen eher negativ zum Feeling bei. Immerhin sitzt einem der Tod praktisch ständig im Nacken. Da sollte man EIGENTLICH davon ausgehen, dass die Beteiligten möglichst schnell von diesem vermaledeiten Schiff runter wollen. Dazu kommt eine oft suboptimale Kameraführung. Zwar bleibt das Hauptgeschehen gut im Blick, aber dem Spielgefühl hätte es gut getan, wenn die Kamerapositionen und die Kameraführung etwas anders gestaltet worden wären.

In Dialogen kann man zwischen maximal 3 Antwortmöglichkeiten wählen und dadurch den weiteren Verlauf der Geschichte beeinflussen. Hierbei gilt es dann aber auch darauf zu achten, dass die Beziehungen der einzelnen Charaktere zueinander sich durch jede Antwort verändern können. Sowohl zum Positiven, als auch zum Negativen. Das wiederum kann darüber entscheiden, ob ein Charakter überlebt oder eben nicht. Sterben können während des Spiels nämlich alle. Es können aber auch alle überleben. Alles hängt von euren Entscheidungen und dem erfolgreichen Absolvieren der Quicktime-Events (QTE) ab. So gibt es zum Beispiel eine Art von QTE, bei der ihr im Rhythmus des Herzschlages eine Taste drücken müsst, um nicht entdeckt zu werden. Hier ist Timing und Konzentration gefragt, denn ein falscher Tastendruck kann den Bildschirmtod eines Charakters zur Folge haben.

Nach dem erfolgreichem ersten Spieldurchgang schaltet Ihr euch die Kapitelwahl frei. Das macht es einfacher, an einem bestimmten Punkt der Geschichte einzusteigen und andere Varianten auszuprobieren, um einen veränderten Ablauf der Geschichte zu erleben und/oder fehlende Sammelobjekte zu finden.

Wer Man of Medan übrigens nicht alleine spielen möchte, der kann das komplette Spiel auch im Co-Op mit einem Freund genießen. Zusammen gruselt es sich ja sowieso am schönsten.


Grafik/Sound/Technik
Solide aber technisch  Luft nach Oben.

In einigen QTEs müsst ihr im Takt des Herzschlages Tasten drücken. / Man of Medan
In einigen QTEs müsst ihr im Takt des Herzschlages Tasten drücken. / Man of Medan

Da das Spiel technisch mehr oder weniger komplett auf Until Dawn basiert, kann man rein optisch vollkommen zufrieden sein. Die Charaktere und Animationen wirken hier und da zwar etwas steif und hakelig aber insgesamt ist Man of Medan rein grafisch absolut gelungen und wird dem, was man von einem solchen Spiel erwarten kann, durchaus gerecht.
Hier und da haben sich aber doch einige Schnitzer eingeschlichen. So kann es z.B. vorkommen, dass ein Charakter auf „magische Weise“ mit einem Teil seines Körpers durch Gegenstände hindurch läuft. Aber immerhin sind wir ja auf einem Geisterschiff. Da kann es schon mal vorkommen, dass man durch einen massiven Türrahmen läuft, ohne dagegen zu stoßen. Aber mal Spaß beiseite, hier ist durchaus noch Verbesserungspotential enthalten, um das Spielerlebnis zu verbessern.

Der Sound ist eine der großen Stärken des Spiels. Angefangen bei der teils düsteren und dramatisch musikalischen Untermalung, die ein etwas unangenehmes und beklemmendes Gefühl erzeugt und die Spannung während des gesamten Spiels hoch hält, bis hin zu den Soundeffekten, wie z.B. das metallische Knarren des alten Schiffes, plötzlich auftretenden Geräuschen und Kinderstimmen (und ich glaube wir alle sind uns einig, dass es nichts schlimmeres gibt als Kinderstimmen in ’nem Horrorspiel gibt) wirkt alles vollkommen stimmig und absolut rund.
Bei den vielen Dialogen war die deutsche Vertonung hier und da allerdings etwas asynchron und an ein paar Stellen stimmten die Lautstärkenverhältnisse nicht, sodass man ohne Untertitel nicht genau verstehen konnte, was der Charakter gerade gesagt hat. Unterm Strich bewegt sich das Spiel in Sachen Sound aber auf einem extrem guten Niveau.

Jeder Charakter hat feste Eigenschaften, die sich verändern können. / Man of Medan
Jeder Charakter hat feste Eigenschaften, die sich verändern können. / Man of Medan

Rein technisch gibt es noch einige Verbesserungen vorzunehmen. Besonders auf der normalen PS4 kam es praktisch in jeder Szene zu störenden Rucklern und Framerateeinbrüchen. Das ist besonders dann ein Problem, wenn das mitten in einem der vielen Quicktime-Events passiert. Ein weiteres Problem auf der normalen PS4 ist das Nachladen der Texturen. In vielen Szenen wurden diese oft erst einige Sekunden nach dem Start der Szene fertig geladen. Das führt oft zu einer verwaschenen und matschigen Optik, was einfach nicht schön aussieht und ein wenig das Feeling und die Atmosphäre stört. Dazu kommen flimmernde Schatten und generelle Probleme bei der Darstellung der Licht- & Schatteneffekte, die in einem solchem Spiel einen extrem wichtiger Faktor für das Spielerlebnis darstellen.

Auf der PlayStation 4 Pro sind diese Probleme nicht so stark aufgetreten. Zwar gab es auch hier einige kleinere Ruckler aber insgesamt blieb das Spielerlebnis hier weitaus flüssiger und angenehmer, als auf der schwächeren PlayStation 4.


Umfang/Inhalt
Weniger ist Mehr.

Der Umfang variiert sehr stark. Je nachdem wie viele Charaktere bei eurem Spieldurchgang überleben, ist das Abenteuer länger, oder eben kürzer. Stirbt ein Charakter früh, fallen seine Passagen für den weiteren Story-Verlauf natürlich weg. Überleben alle, gibt es demzufolge mehr zu spielen. In meinem ersten Spieldurchgang haben z.B. zwei Leute das Zeitliche gesegnet. Dadurch kam ich am Ende auf eine Spielzeit von ca. sechs Stunden. Man kann also davon ausgehen, dass die Spielzeit, je nach Vorgehen und Erfolg, zwischen fünf und sieben Stunden variiert. Für mich die optimale Länge um es auch mal an einem Stück, ohne längere Pausen durchzuspielen.

Die Hauptgeschichte präsentiert sich trotz der vielen Variationen eher einfach. Es gibt keine besonderen Story-Twists oder überraschende Ereignisse. Die Geschichte ist an vielen Stellen sogar ziemlich vorhersehbar und unspektakulär. Aber trotzdem bleibt sie durchweg fesselnd und interessant genug, um noch ein Stündchen weiter zu spielen. Supermassive Games ist hier genau die richtige Mischung aus Einfachheit und Variabilität gelungen. Hut ab dafür.

Ob es am Schluss ein Happy End gibt, liegt ganz allen an Euch. / Man of Medan
Ob es am Schluss ein Happy End gibt, liegt ganz allen an Euch. / Man of Medan

Während des Spiels solltet ihr unbedingt Ausschau nach Sammelgegenständen halten. Neben vielen Dokumenten und Gegenständen der toten Crewmitglieder des Schiffes, findet ihr auch Bilder, die Hinweise auf zukünftige Ereignisse in der Geschichte liefern. Ähnlich wie die Totems, die viele sicher schon aus Until Dawn kennen. Kleiner Fun Fact am Rande: Eines dieser Bilder liefert (so vermute ich) einen kleinen Hinweis auf das nächste Spiel der Dark Pictures Anthology.

Was die Charaktere angeht, sollte man nicht zu viel Tiefe erwarten. Jeder Protagonist erfüllt ein typisches Klischee solcher Spiele. Es gibt z.B. den Coolen mit der großen Klappe, den eher Zurückhaltenden und etwas Ängstlichen, das leicht biestig angehauchte Mädchen und auch der stereotypische Bösewicht ist dabei. So ziemlich jeder Charaktertyp ist dabei und gibt Man of Medan eine angenehm trashige Note. Dabei können und werden sich die Charaktereigenschaften jeder Figur während des Spielverlaufs verändern. Je nachdem, wie ihr euch in bestimmten Situationen entscheidet, bekommt der Feigling eventuell die Eigenschaft mutig hinzu, was wiederum Einfluss auf spätere Möglichkeiten hat. Das sorgt für enorm viele Variationsmöglichkeiten in der Geschichte und kann dafür sorgen, dass sich jeder weitere Spieldurchgang anders anfühlt. Für den Wiederspielwert ist das ein riesiger Pluspunkt.


FAZIT
Ein nicht ganz perfektes Highlight.

Trotz einiger Schwächen und deutlich Luft nach Oben, vor allem in technischer Hinsicht, kann ich nicht anders, als The Dark Pictures Anthology: Man of Medan jedem Horrorfan zu empfehlen. Besonders denen, die schon Until Dawn mochten. Der leichte Trash-Faktor, das unverbrauchte Setting, die tolle Atmosphäre … alles was ein wirklich gutes Horrorspiel ausmacht funktioniert und macht Man of Medan zu einem kleinen Highlight, das sich kein Fan von leicht trashigem Horror entgehen lassen sollte.

The Dark Pictures Anthology: Man of Medan ist exclusiv für die PlayStation 4 erhältlich. Getestet wurde auf der Standard PlayStation 4 und der PlayStation 4 Pro.


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