Bild: Activision

[ TEST ] TONY HAWKS PRO SKATER 1+2 – Die coolsten Frührentner der Welt

Jahrelang stand das virtuelle Skateboard auf den Dachböden unserer Erinnerungen. Schöne Zeiten waren das, als wir in den frühen 2000er Jahren in regelmäßiger Begeisterung mit Stars wie Rodney Mullen, Bob Burnquist, Chad Muska und Tony Hawks himself auf das Rollbrett stiegen und waghalsige Tricks vollführten.

Ersteindruck
Nostalgie-Flip ins Fan-Herz

Tony Hawks Pro Skater stand wie kaum ein anderes Sportspiel für Spaß, Authentizität, und einer guten Prise Anarchie. Dieses Spiel war der Rockstar unter all den anderen Sporttiteln, die sich immer darum bemühten realistisch zu sein. Tony Hawks Pro Skater war auch realistisch, doch eben nur bis zu einem gewissen Grad. Dort wo der simulationsüberbordende Realismus nur ein Störfaktor wäre, brach die Serie diesen gekonnt auf und setzte voll auf arcadigen und leicht zugänglichen Spielspaß. Immer mit jeder Menge Coolness und einem sympathischen Augenzwinkern begleitet. Dafür bekam die Spieleserie von den Kritikern Bestwertungen spendiert und die Gamer liebten es ebenso und bugsierten den Nischensport auf die Bestsellerlisten der Gaming-Industrie.
Doch der Kult sollte irgendwann verblassen. Spätestens mit dem 2004 erschienen Ableger Underground 2 merkte man dem Spiel an, dass der gute alte Tony so langsam in eine Sackgasse gefahren ist. Auch die Fans hatten die jährlich aufgewärmte Serie langsam satt. Publisher Activision suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, das Skateboard neu zu erfinden und den Hunger der Fans wieder anzufachen. Weshalb man die Serie immer neue Wege einschlagen ließ und man das Entwicklerstudio wechselte. Doch all die Bemühungen liefen in die falsche Richtung und machten das Schlamassel nur noch schlimmer. Tony Hawks Pro Skater verkam zu einer gescheiterten IP und verschwand in den letzten Jahren komplett von der Bildfläche.


Gameplay
Übung macht den Pro-Skater

Früher war alles besser! Das müssen sich auch die Entwickler von Vicarious Visions gedacht haben und reanimieren die so angeschlagene Serie mit einem Remake der ersten beiden Ableger aus den Jahren 1999 und 2000.
Inhaltlich präsentiert sich das Doppelpacket aus Teil 1 und 2 identisch zu den Originalen und ergänzt das Ganze noch durch Extras. Alle neun Level aus dem Erstling und alle zehn Level aus dem zweiten Teil haben ihren Weg ins Spiel gefunden. Ikonische Skateparks wie die Lagerhalle, der Hangar, die Schule, das Einkaufszentrum oder das Roswell Testlabor lassen sich in rundum aufgehübschter Grafik wiederfinden.

Noch immer gilt es im Karriere-Modus alle Skateparks nacheinander zu bewältigen. Dafür haben wir bei jedem Durchlauf immer genau zwei Minuten Zeit die angegebenen Ziele zu erreichen. Auf diese Weise gilt es einen Highscore von beispielsweise 100.000 Punkten zu knacken. Um so viele Punkte zu erreichen, müssen wir die Halfpipes ansteuern, die uns genug Schwung gibt, damit wir in der Luft jede Menge Tricks zu vollführen.

Die Tricks gehen wunderbar flüssig und präzise von der Hand. Die Steuerung fühlt sich gegenüber den 20-Jahre alten Original-Ablegern erstaunlich ähnlich an. Das Trickmuster ist dabei unverändert simpel ausgefallen. Auf der PS4-Konsole vollführen wir mit der X-Taste den Ollie, der Grundlage aller weiteren Tricks. Auf der Quadrat-Taste gibt es die Flip-Tricks. Die Kreis-Taste hält die Grab-Tricks bereit und mit der Dreieck-Taste bekommen wir die Lip- und Grind-Tricks.
Als wahrer Pro-Skater verbinden wir all diese Tricks in endlosen Variationen zu riesigen Kombo-Ketten. Die Kombos sehen nicht nur unheimlich cool und waghalsig aus, sie multiplizieren auch jedes Mal unseren Punktestand. Aber Obacht ist geboten! Eine unüberlegte Aktion und der Kombo wird durchbrochen, oder schlimmer noch: Wir fallen auf die Schnauze und alle Punkte sind dahin!

Ein guter Skateboarder steht nach einem Sturz wieder auf und fährt direkt weiter. Das zwei Minuten Zeitlimit mag nicht mehr so recht in den Gameplay-Ablauf moderner Spiele passen. Besonders in den letzten Jahren lassen uns Spiele immer größere Freiheiten. Wir sind Herr über unsere Zeit und können die geforderten Ziele flexibel und selbstbestimmt angehen. Tony Hawk´s Pro Skater 1+2 beschränkt uns in unserer Spielefreiheit stärker als in modernen Spielen üblich, doch gerade deswegen ist es so gut. Das zwei Minuten Zeitlimit vermeidet nämlich, dass sich in uns der Frust aufbaut. Denn auch wenn wir einmal eine richtig gute Kombo verbockt haben – sei es drum – wir ärgern uns nicht lange über unsere Rückschläge, weil wir wissen, dass wir gleich erneut einen neuen zwei-Minuten-Durchlauf starten können.

Neben den Highscores gibt es aber noch ganz andere Ziele zu erledigen. Sammle die Buchstaben SKATE, grinde über fünf Polizeiautos, schnappe dir das geheime Tape, öffne die Wasserventile, zerstöre die Schul-Glocken und und und. Jedes Level bietet eine ganze Reihe unterschiedlicher Herausforderungen. Eine Handvoll davon müssen wir in jedem Level erfolgreich erledigen, um das nachfolge Level freizuschalten. Außerdem verdienen wir uns somit virtuelles Geld, mit dem wir uns tonnenweise Anpassungen leisten können: Individuelle Decks für unser Board, neue Klamotten für unseren eigens erstellten Skater, Tattoos, Skillpunkte um unsere Fähigkeiten zu verbessern und so weiter. Der Sammelspaß wird in THPS 1+2 großgeschrieben.
Des Weiteren hält das Remake noch den Park-Editor bereit, der mit dem zweiten Teil in die Serie eingeführt wurde. Denn nicht nur der Look unseres Skaters ist unsere eigene Sache, auch eigene Skateparks dürfen wir nach Lust und Laune selbst kreieren und anschließend mit der Online-Community teilen und in den Skateparks anderer Spieler fahren.
Die Online-Komponente ist völlig neu hinzugefügt. Klar, anno 1999 und 2000 war der gute Tony noch nicht mit dem World Wide Web verbunden. Das war zu dieser Zeit auf den Konsolen noch gar nicht möglich.


 

Multiplayer
Überraschend spaßig und kurzweilig

Auch der Multiplayer ist erstaunlich spaßig gelungen. Sowohl Online als auch zu zweit auf der heimischen Couch, lassen sich unterhaltsame und kurzweilige Battles um Punkte, Kombos und Grinds bestreiten. Aus einer Palette aus verschiedenen Spielmodi lässt sich dabei auswählen. In Kombo-Mambo dreht sich alles darum, wer innerhalb des kurzen Zeitlimits die fettere Kombo aufwarten kann. In Graffiti nimmt jede Oberfläche unsere Farbe an, über die wir grinden. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Objekte für sich beanspruchen kann. Doch Vorsicht: Die Gegner können einem die Vorherrschaft streitig machen. Weitere Spiele drehen sich darum, eine gewisse Punktzahl in einer limitierten Zeit zu erreichen. All das ist überraschend motivierend und erfreulich kurzweilig, sodass der Multiplayer zu einem weiteren Glanzpunkt in diesem bisher sehr runden Remake wird. Einziger Wermutstropfen ist, dass viele Mitspieler im Online-Modus die Tricks so unmenschlich gut beherrschen, dass man als Anfänger und mittelklassiger Spieler schnell kein Land mehr sieht. An dieser Stelle wünschen wir uns ein ausgeglicheneres und faires Matchmaking.


 

Grafik & Sound
Aufpolierte Hommage ans Original

Die Grafik ist im Vergleich zu den Originalen ein wahrer Augenöffner. Ich gehöre ja zu der Riege der Fans, die der Meinung sind, dass die ersten vier Ableger der Serie einfach die besten waren und es fühlt sich so gut an, die zwei ersten Ableger nun auch in aufgehübschter Grafik erleben zu können.
Jeder der Level besitzt nach wie vor den gleichen Touch und den gleichen Aufbau seines 20-jährigen Originals. Hinzugefügt wurden tonnenweise kleiner Details. Laubblätter, die in den Straßen liegen, Graffitis an den Wänden, Schrammen und Kratzer an den Halfpipes und nicht zu vergessen die unheimlich gut gelungene Lichtstimmung. Nur etwas leblos wirken die Level ja schon. Es wirkt nach heutiger Sicht etwas befremdlich, wenn wir beispielsweise durch die Straßen von San Francisco Rollen und nicht ein Mensch zu sehen ist. Einzig ein verirrtes Taxi und ein Cable-Car fahren ihre vorgegebenen Bahnen ab.

Beim Sound überzeugt das Remake auf ganzer Linie. Eines der Filetstückchen der Tony-Hawk-Ablegern waren schon immer die ohrwurmverdächtigen Soundtracks. Ein Genre-Mix aus Punk, Garage-Rock, Alternative, Hip-Hop, Metal und Ska. Wie es sich für ein rundum gelungenes Remake gehört, sind auch hier fast alle Musikstücke der Originaltitel enthalten, ergänzt durch einige neue Stücke, die sich gut die Musiksammlung einfügen.


Umfang
Mehr denn je zu tun

Im Doppel-Remake aus Teil 1 und 2 gibt es jede Menge zu sehen. Im Karriere-Modus dürfen wir stundenlang die 19 Level erleben und zahlreiche Ziele bestreiten und an unserem Skill feilen. Auf unserem Weg zum Pro-Skater erledigen wir tonnenweise optionaler Challenges, durch die wir wiederrum neue Items freischalten. Skateboard-Decks, Kleidung, Tattoos, Move-Sets, Skillpunkte. All das lässt sich sammeln und einsetzen um unseren Skater so individuell wie möglich zu gestalten. Als waren Zugewinn stellt sich der sehr unterhaltsame Multiplayer heraus, dem wir auch zuhause auf der Couch erleben dürfen. Im Park-Editor errichten wir unsere eigenen Half-Pipes und Grinding-Rails.


Fazit
Gelungene Rückkehr aus der Frührente

Tony is back! Das man auch jenseits der 50 noch kein Opa ist, beweisen Tony Hawk und Konsorten mit dem durch und durch gelungenen Remake. Fans werden in Nostalgie schwelgen und Neueinsteigern wird schnell klar werden, warum die Serie vor 20 Jahren für so viel Wirbel gesorgt hat und die Nischensportart Skateboarding in die Hitlisten der Spielerherzen katapultierte. Der Arcade-Skater feiert sein Comeback und das stärker denn je.


 

Tony Hawks Pro Skater 1+2 ist ab sofort für PS4, XBOX One und PC erhältlich.

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