Bereits 2018 sorgte das kleine EA-Studio Hazelight mit dem Koop-Roadmovie A Way Out für jede Menge Aufsehen. Nun werden wir als zerstrittenes Ehepaar auf eine fulminante Reise geschickt. Ob das kunterbunte Koop-Abenteuer zündet, verraten wir euch im Test.
Ersteindruck
Eine problematische Ehe
May und Cody sind nun schon eine Weile verheiratet und haben mit Rosi eine gemeinsame Tochter zur Welt gebracht, die sie beide lieben. Dennoch ist es um die Ehe der beiden nicht gut bestellt. Streit steht an der Tagesordnung. Beide reden aneinander vorbei. May meidet Cody und umgekehrt ist es genauso. Sehr zum Leidwesen der kleinen Rosi, die machtlos mit ansehen muss, wie sich ihre beiden Eltern immer mehr voneinander entfremden. Als Rosi eines Tages einem der unzähligen Streitigkeiten ihrer Eltern lauscht und sie deren Pläne für die Scheidung vernimmt, weint sie bitterliche Tränen.
Rosis Tränen bleiben nicht folgenlos. Als die salzigen Tropfen auf ihre beiden selbstgebastelten Puppen treffen, finden sich May und Cody plötzlich in Gestalt der Puppen wieder. Beiden wird schnell klar, dass wenn sie je wieder in ihre menschliche Form zurückkehren wollen, müssen sie ihre Tochter trösten und um das zu erreichen, ist das verstrittene Pärchen gezwungen zusammenzuarbeiten.
Gameplay
Teamwork ist der Schlüssel zum Erfolg
Und los geht´s. It Takes Two bedeutet übersetzt soviel wie „es braucht zwei“ und das ist wörtlich zu verstehen. Ein Singleplayer-Spiel ist It Takes Two nämlich gar nicht. Das Spiel versteht sich einzig als Zwei-Spieler-Koop-Titel, in dem wir uns online oder auch auf der heimischen Couch zu gemeinsame Zocker-Abende verabreden dürfen. Wie auch schon im 2018 erschienenen A Way Out, setzt EA hier auf den überaus nutzerfreundlichen Friends-Pass. Mit dem Friends-Pass dürfen wir als Käufer des Spiels einen weiteren Freund ins Spiel einladen. Der oder die Freund*in braucht dabei kein Geld locker machen, sondern darf It takes two völlig kostenlos mit uns gemeinsam erleben. Ziemlich cool.
Haben wir einen Freund auserkoren, der mit uns zocken darf, geht es auch schon los. Wir dürfen untereinander ausmachen, wer in die hölzerne Puppenhaut von May schlüpfen darf oder wer lieber in den lehmigen Leib Codys fährt. Beide Charaktere haben die exakt gleichen Bewegungsmuster und unterscheiden sich daher nicht voneinander. Im weiteren Spielverlauf wird uns klar, dass die beiden aber dann in völlig andere Rollen schlüpfen werden.
Von nun an sind wir gezwungen, zusammenzuarbeiten. Allein kommt niemand zum Ziel. Die Schauplätze drehen sich alle um das Haus der kleinen Familie und der unmittelbaren Umgebung. Die Level sind dabei nicht nur extrem abwechslungsreich und liebevoll gestaltet, sondern laden immer wieder zum Staunen und lachen ein. Aus der Sicht einer kleinen Puppe erstrahlen vertraute Räume wie der eigene Garten oder das Kinderzimmer der Tochter in einem völlig neuen Blickwinkel.
Entwickler Hazelight schießt während der etwa 15-stündigen Story ein wahres Feuerwerk verrückter Ideen ab. Während andere Spiele ihre Gameplay-Mechaniken meist alle in den ersten Spielstunden vollführen und beim weiteren Spielen dann im Grunde nur noch eine Wiederholung derselben Tätigkeiten vonstattengeht, glänzt It Takes Two mit einem riesigen Quell an innovativen und unheimlich unterhaltsamen Ideen. Als Spieler werden wir so vom ersten bis zum letzten Level mit immer neuen, verrückten Herausforderungen überrascht.
Um das mal in einem Beispiel zu veranschaulichen: Auf unserer Reise verschlägt es uns auch in den Werkzeugschuppen. Hier schreiten, klettern und hüpfen wir nicht nur durch den staubig-schmutzigen Terrassen-Untergrund unseres Hauses, Mary und Cody werden auch mit immer neuen Fähigkeiten ausgestattet. In dem Fall darf ich mit Mary einen Hammerkopf schwingen. Meine Schlagkraft erlaubt es mir, Plattformen über Schluchten zu hämmern, über die mein Freund in der Haut Codys gelangen kann. An anderer Stelle wiederum sind Codys Fähigkeiten gefragt. Er kann Nägel in Wände werfen, an denen wir uns beherzt entlang schwingen können.
Mit weiterem Spielverlauf entsteht dabei ein gemeinsamer Spielfluss, der uns immerzu auf sehr unterhaltsame Weise dazu auffordert, zusammenzuarbeiten. Im Werkzeugschuppen warten zudem defekte Stromkabel darauf, von uns zusammengefügt zu werden und später grinden wir in bester Tony-Hawk-Manier über verworrene Schienen aus verbogenen Draht. Am Ende des Werkzeugschuppens wartet dann noch der bitterböse Bossgegener auf uns – es ist eine rote Werkzeugkiste, die nach der Macht über alle Werkzeuge strebt.
Die Einfälle werden von Level zu Level immer verrückter und verlieren während der gesamten Spielzeit niemals an Reiz. Das Game-Design von It Takes Two ist schlichtweg brillant und lässt uns immer wieder lachen und staunen. Ebenso abwechslungsreich sind die Tempowechsel, die innerhalb des Spiels vollführt werden. Mal wird die Story der beiden Charaktere in kurzen Zwischensequenzen weitererzählt, ein andermal erkunden wir einfach gemächlich die Level, nur um uns kurze Zeit später wilde Verfolgungsjagden mit einem aggressiven Wespenschwarm zu liefern. Insgesamt 25 Minispiele sind zudem im Spiel versteckt, in denen wir uns gegen unseren Mitspieler messen dürfen. Selbst diese simplen Minispiele wirken frisch, innovativ und unheimlich unterhaltsam. Im Pausenmenü lassen sich alle Minispiele zudem jederzeit separat aufrufen und starten – Super!
Auf unserer weiteren Reise laufen wir mittels Magnetstiefeln an Wänden entlang, leisten uns Kanonengefechte mit einem Piratenschiff, brennen ein Wespennest nieder oder kämpfen in bester Beat em´ Up Manier gegen ein kampferprobtes Eichhörnchen. Die Gameplay-Palette scheint unerschöpflich.
Grafik / Sound
Liebevoll durchdesigntes Abenteuer
EA hat uns die PS5-Version zum Testen überlassen. Weshalb wir It Takes Two in seiner ganzen Pracht erleben dürfen. Die Grafik ist fantastisch. Wir fühlen uns in einen interaktiven Animationsfilm hineinversetzt. Die weitläufigen Level sind zudem sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet. Der Ideenreichtum spiegelt sich auch in den verspielten Umgebungen wider. Wir besuchen einen idyllischen Garten, dringen in ein Wespennest ein, rätseln uns durch ein Klassenzimmer, tauchen hinab in ein Bällebad und begeben uns auf die flauschigen Polster einer Kissenburg. Entwicklerstudio Hazelight beweist eine extreme Dichte an mutigen Einfällen und Innovationen. Auf der PS5 läuft das Abenteuer mit einer nativen 4K-Auflösung und in sehr stabilen 60 Frames.
Sehr Schade hingegen ist, das It Takes Two das Haptische Feedback des Dualsense-Controllers nicht nutzt. So bleiben die Motoren des PS5-Controllers während des gesamten Spielerlebnisses sehr stumm. Eine verpasste Chance von Hazelight, das eigene Spiel immersiver zu gestalten.
Die Musik in It Takes Two ist toll komponiert und gibt die vielseitige Stimmung der Story gekonnt wieder, die mal von lustig, über traurig, kurios und verspielt wechselt. Neben den fehlenden haptischen Feedback des Dualsense leistet sich It Takes Two mit der Sprachausgabe eine weitere kleine Schwäche. Die Vertonung ist nämlich ausschließlich in englischer Sprache verfügbar. Die englischen Sprecher machen ihren Job sehr gut und vermögen es, den Charakteren Leben einzuhauchen. Eine deutsche Sprachausgabe vermissen wir aber dennoch sehr.
Fazit
Ein riesen Koop-Spaß voller verrückter Ideen
Das Jahr 2021 ist noch sehr jung und dennoch zeichnet sich It Takes Two als wahres Highlight ab und dürfte sich mit Leichtigkeit über eine Nominierung zum Game of the Year freuen. Das Koop-Abenteuer besticht durch seine rührende Story, einer überzeugenden technischen Umsetzung und einem Gameplay, wie es besser kaum sein könnte. Man merkt It Takes Two an jeder Ecke an, dass es das Spiel ist, welches Hazelight schon immer machen wollten. Vollgestopft mit frischen Einfällen und komplett verrückten Ideen, die uns von der ersten bis zur letzten Minute mit einem dicken Grinsen an den Controller fesseln und für tonnenweise Spaß sorgen. Und das Beste dabei ist, dass man diesen Spaß mit einem Mitspieler teilen kann.
It Takes Two ist ein fantastisches Ausnahmespiel, an denen sich künftige Koop-Titel messen lassen müssen.