Bild: Odd Bug Studio

[ TEST ] TAILS OF IRON – Das rattenhafte 2D-Soulslike

Gleich in den ersten Spielminuten wird uns klar, dass wir mit Tales of Iron eine Story erhalten, die wir vermutlich nicht oft zu sehen bekommen. Das Entwicklerteam von Odd Bug Studio, dass hier gerade mal aus fünf Leuten besteht, hat wirklich ein schönes virtuelles Stück Geschichte geschrieben. Der Publisher, der die Vermarktung des Spiels übernimmt, ist unter dem Namen United Label bekannt. Für knapp 25 Euro lässt sich das kleine Soulslike-Abenteuer käuflich erwerben und kann auf allen gängigen Plattformen gespielt werden. Wir haben Tails of Iron auf der PS5 getestet und hatten einen geschmeidigen Start.

Ersteindruck
Froschkrieg im Rattenland

In Tales of Iron geht es um die zwei Jahre alte Ratte Redgi, die ihren Alltag als jüngere Prinz des Hauses rügt. Unser alter Vater und König des Landes, kann seinen Dienst nicht mehr länger verrichten und nun soll es an uns liegen, das Zepter zu übernehmen. Jedoch hat unser dreimal so großer Bruder Denis auch noch Anspruch auf den Thron. Am Tag der Krönung des neuen Königs sollen beide Brüder in der Arena gegeneinander antreten, der Sieger wird zum Herrscher des Landes. Da wir natürlich Redgi verkörpern, ist der Ausgang des Duells schon durch das Schicksal vorherbestimmt. Nach dem Sieg über unserem kampferfahrenen Bruder erlangen wir die Krone und leben als König bis zu unserem Lebensende in einem friedlichen Rattenreich.

Jedoch haben wir die Rechnung ohne den Schrecken gemacht, der unser schönes Land heimsucht. Der Kampf, der in den Geschichtsbüchern schon geschrieben stand, blüht erneut auf und wir stehen unserem Todfeind, den Fröschen gegenüber. Diese teuflischen Kreaturen töten nicht nur unseren geschwächten Vater, sondern entweihen auch unser heiliges Königreich und bringen nichts als Chaos hervor. Wie durch ein Wunder überleben wir den Angriff, unter den Leichen unserer gefallenen Landsleute begraben. Wieder bei Verstand, sehnen wir uns nach Rache und bringen gleichzeitig unser in Flammen stehendes Reich, wieder zum neuen Glanz.

Gameplay
Angreifen, Blocken und Parieren

Bei Tales of Iron handelt es sich um ein 2D-Soulslike Abendteuer in einer leicht abgespeckten Form. Zum einen kann unser neu gekrönter Rattenkönig keine seiner Charakterwerte steigern, das liegt daran, dass er keine hat. Somit fällt der Aspekt des Stufenaufstiegs raus.

Die einzige Art, die eigenen Körperwerte zu steigern, wird uns durch das Sammeln von einzigartigen Lebensmitteln ermöglicht, die unser Haus- und Hofkoch zu einem Upgrade zubereitet, das unseren Lebensbalken verlängert. Der wichtigste Freund auf unserer Reise ist jedoch unsere Rüstung und Bewaffnung, hiervon gibt es eine gewaltige Auswahl, die sich gefühlt alle fünf Minuten erweitert. Jedes Rüstungsteil hat einen eigenen Verteidigungswert, der an einen entsprechenden Gewichtswert gekoppelt ist. Am wichtigsten sind allerdings die Resistenzen, die auf einzelne Feindesgruppen abzielen. Denn wir haben nicht nur mit einer Froschplage zu kämpfen. Daher ist das Wechseln der Rüstung, je nach Widersacher, ein empfehlenswerter Schachzug. Dann gibt es noch eine Vielzahl von Einhand- und Zweihandwaffen, die Unterschiede in den Schadenswerten und auch mehr Gewicht auf unseren kleinen Rattenkörper ausüben. Je mehr wir auf den Rippen tragen, desto langsamer sind unsere Ausweichbewegungen. Die Waffen der gleichen Kategorie unterscheiden sich von der Schlaggeschwindigkeit nicht, doch unter den drei Arten deutlich. Dazu gibt es noch einen sehr effektiven Fernkampf, der mit einem simplen Knopfdruck in die blickende Richtung eigentlich immer sein Ziel trifft. Die zwei Ressourcen, die während der zahlreichen Konfrontationen gesammelt werden, können beim Handel ihren Nutzen finden. Unter anderem kann der Schmied unser Arsenal erweitern.

Wenn Soulslike angepriesen wird, denken die meisten vermutlich sofort an Frust und an einen viel zu hohen Schwierigkeitsgrad. Durch sehr gut verteilte Ruheposten in Form einer meist einfachen Sitzbank und der fehlenden Mechanik seine Ratte aufzuleveln, kommt Frust zu keiner Zeit auf. Denn durch einen Tod verlieren wir in Tales of Iron nichts und fangen genauso an, wie wir den letzten Kampf bestritten haben. Aus der Sicht eines Souls-Veteranen sind die Kämpfe genau richtig ausbalanciert. Keine Schlacht ist unfair gestaltet und vor allem die ganz großen Bosse, von den es mehr als eine Handvoll gibt, machen mit ihrem ausfallenden Angriffsmuster einen großen Spaß.

Von normalen Angriffen, über Schläge, die pariert werden müssen, um den eintreten Schaden zu vermeiden oder unblockbare Hiebe, ist im Move-Set alles dabei, was beim großen Vorbild zum Einsatz kommt. Natürlich hier in Miniaturformat. Wird das edle Fell des frisch Gekrönten verletzt, hilft der leckere Käfernektar aus. Dieser ist an vielen Orten in einem kleinen Fass gelagert und steht zum unbegrenzten Abzapfen bereit. Auch die Feindesgruppen der Larven und Mozi lässt beim Plündern das Fläschchen überlaufen, gelegentlich hat sogar ein Frosch seinen privaten Vorrat dabei.

Grafik und Sound
Liebevoll handgezeichnete Spiel-Kulisse

Als Indie-Game spielt Tales of Iron im Bereich der Gestaltung in seiner ganz eigenen Liga. Durchweg wird einem eine handgezeichnete Farbpracht präsentiert und kann immer wieder mit seiner Detailverliebtheit punkten. Nichts wirkt fehl am Platz und wenn Ratten wirklich ihr eigenes Königreich in naher Zukunft aufbauen, sollte die hier gezeigte 2D-Präsentation als Grundlage dienen.

Die idyllische Musikuntermalung wirkt auch nicht aufgesetzt und verschmelzt mit den kleinen Stampfgeräuschen, wenn wir durch die weiten Landschaften ziehen. Die Waffensounds sind wuchtig und geben uns das Gefühl, trotz kleinen Körpers, ordentlich auszuteilen. In den Bosskämpfen selbst fehlt allerdings die dominierende Soundkulisse, die jeden Bosskampf eine Stufe schwerer erscheinen lässt. Jedoch ist die leichte musikalische Führung leicht bekömmlich.

Umfang
Knackig-kurzes Abenteuer mit gutem Pacing

Nach etwas mehr als neun Stunden haben wir unser am Anfang gestecktes Ziel erreicht, den Froschhäuptling erschlagen und das einst vor Leben strotzende Land wiederaufgebaut. Einer mag jetzt sagen, dies sei zu kurz, andere Spiele bieten für denselben Preis etliche Spielstunden mehr, doch diese sind auch oft unnötig in die Länge gestreckt. Hier in Tales of Iron bekommen wir eine aus unserer Sicht einzigartigen Geschichte, die von einem fabelhaften vertonten Synchronsprecher begleitet wird. Die Gebiete sind sinnvoll miteinander verbunden und lassen sich auch bequem mit einem Schnellreisesystem erreichen. Dazu kommt noch eine ausgezeichnete Karte, die keine Fragen offenlässt und auch die nötigen Missionsmarkierungen aufzeigt. Auch lassen sich so manche Geheimnisse nur durch genaues Beobachten der Umgebung mit der Karte lösen und führen so eventuell zu neuen Herausforderungen.

Fazit
Fordernd aber fair – Tails of Iron ist ein echter Indie-Überraschungs-Hit

Uns fällt es schwer, negatives über Tales of Iron zu sagen, denn dieses kleine Abenteuer ist jeden Cent wert. Kurz vor Spielende hatten wir zwar einen Soundfehler, hier wurde aber mit einem Neustart sofort Abhilfe geschaffen und dank der schnellen Ladezeiten ging uns dadurch kaum eine Minute verloren. Sonst hatten wir keine Schwierigkeiten oder nervige Probleme, die unseren Weg zu den Credits mit Dornen bestückt hätten. Die grafische Gestaltung ist eine Wohltat für die Augen und eine gute, wenn auch abgeschwächten Soulslike-Mechanik kann das Gameplay hier richtig aufwerten. Wir hatten vorher von diesem Entwicklerteam noch nie etwas gehört, sind aber dankbar, dass sich dies durch Tales of Iron nun geändert hat. Am Ende bleibt uns nur zu hoffen, dass wir in Zukunft vielleicht mit einem Tails of Iron 2 auf die Purpurfestung zurückkehren können.

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