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Die Angst vor der neuen Exklusivität für Gamer

In den letzten Monaten, auch Jahren und gerade auch in den vergangenen Tagen und Wochen konnte man die Shopping-Touren unterschiedlichen Publisher und Entwickler verfolgen, die sich mit dem Anschluss verschiedener Software- und Spieleentwickler weiteres Potenzial einkauften, um zu wachsen, sich zu vergrößern und mit Lizenzen die Zukunft sicherer gestalten zu können.

Was in der Industrie rund um Automobile, Technik und Maschinen längst gang und gäbe ist, scheint sich nun auch in der digitalen Spieleindustrie zu etablieren. Der große Fisch frisst den kleinen, während der große Fisch Opfer von noch größeren Fischen wird. Allen voran steht der Software-Riese Microsoft, der sich hier mit Milliarden namhafte Publisher und Entwicklerstudios einkauft, die jedem als ZeniMax-Bethesda und Activision Blizzard bekannt sind. Derartige Einkaufstouren kannte man bisher nur aus der Filmindustrie. Ein schönes Beispiel liefert hierzu das US-amerikanische Medienunternehmen Disney, die seit den 90er Jahren Miramax Films, Pixar, ImageMovers, Marvel, Lucasfilm und große Teile von der 21st Century Fox kauften, und heute mit zu den größten Medienkonzernen der Welt zählt.

Bild: Xbox & Activision

Wie Exklusivität exklusiv wird

Ob nun in den 90er Jahren, den 2000er oder den 2010er Jahren, Gamer spielten da, wo sie sich zu Hause fühlten und ihre Freunde treffen konnten. Es spielte keine Rolle, ob sie indessen eine Xbox oder PlayStation ihr Eigen nannten, denn bis auf ganz wenige Titel wie Halo, Forza, Killzone, Gran Turismo oder ein Uncharted gab es ein rein reichliches Angebot von Drittentwicklern, die ihre Spiele auf jeder verfügbaren Plattform anboten. Das frohlockte natürlich Sony und Microsoft und für einige Titel gab es eine zeitlich begrenzte Exklusivität, die das frühere Zocken oder einige Inhalte mit sich brachten und den Drittentwicklern viel Geld einbrachte. Den Höhepunkt dieser Exklusivität bildetet nicht ein Final Fantasy, welches von Square Enix für die PlayStation entwickelt wurde, sondern der zweite Teil der Tomb Raider Reihe mit Rise of the Tomb Raider, das exklusiv für die Xbox erschien und erst ein Jahr später für die PlayStation erhältlich war. Die Exklusivität hat sich für Microsoft und Square Enix leider nicht ausgezahlt, denn erst ein Jahr später, mit der PlayStation- und PC-Veröffentlichung konnte das Spiel ein zufriedenstellendes Ergebnis einfahren. Der Kampf um das Franchise der Drittanbieter hat bei Sony und Microsoft gerade erst Fahrt aufgenommen, als man in der neuen Zeit merkte, dass Leasing wohl teurer ist, als der Kauf.

Während Electronic Arts seine Bestrebungen aufnahm, um die EA Studios aufzubauen, die auch mit netten und überragenden Indie-Titeln sich in Szene setzen konnte, war Sony ebenfalls nicht untätig und gliederte Entwicklerstudios unter dem Dach der Playstation-Studios ein, die im Vorfeld schon für Sony Spiele entwickelt haben. Hier tat sich Microsoft deutlich schwerer, denn in der Xbox-One-Generation hat man diesen Schritt deutlich verpennt und trat mehr als Werbepartner bei Drittentwicklern auf – Daher auch immer die netten Xbox Logos im Vorfeld oder Anschluss bei Trailern von EA oder Ubisoft. Die hauseigene Entwicklung Xbox-exklusiver Titel hinkte stark hinterher, während Sony einen Titel nach dem anderen für die PlayStation 4 präsentierte.

Glücklich sein allein, ist sinnlos – Zusammen was aufbauen

Dieses Hinterherhinken erkannte Microsoft, allen voran der sympathische Xbox Chef Phil Spencer, der nun mit hauseigenen Indiespielen die Shows zur E3 oder Gamescom unterhielt und auch weitere exklusive Titel ankündigte, die aber alle noch einige Jahre an Entwicklung benötigten. Damit Microsoft in Zukunft noch Sony´s schwarz-weißes Ross einholen kann und mit ihrem Pferdchen ebenfalls zahlreiche Zocker in der eigenen Kutsche durch die unendlichen virtuellen Welten führen kann, müssen exklusive Titel her, die sich so leider nicht aus dem Hut zaubern lassen, aber mit einem Beutel voller Geld und einem guten Stall anlocken und unterbringen lassen.

So kaufte Microsoft im Herbst 2020 die ZeniMax-Bethesda Studio für einen Preis von 7,5 Mrd. Dollar. Das kann gerne als Schnäppchen gesehen werden, denn im Januar 2022 sicherte sich Microsoft den weltberühmten Publisher und Entwickler der erfolgreichen Shooter-Serie Call Of Duty – Activision Blizzard geht für rund 70 Milliarden Dollar an Microsoft und lässt sich damit in die Größenordnung eingliedern, als 2019 Disney die Teile der 21st Century Fox kaufte. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, das sind sieben und 10 Nullen! Die Schlagzeilen gehören nun Microsoft…

Die Angst vor der neuen Exklusivität für Gamer

Nach der erfolgreichen Übernahme von ZeniMax-Bethesda gab Microsoft mehrere Aussagen, dass zukünftig Xbox-Konsolen, Windows 10 PC und der Xbox Game Pass der beste Ort für einen sind, um neue Bethesda-Spiele zu genießen – einige davon zukünftig exklusiv für Xbox- und PC-Spieler. Auch wurde gesagt, dass auf keiner anderen Plattform außer den von Microsoft unterstützten Plattformen Spiele ausliefern, damit der Deal mit ZeniMax-Bethesda funktioniert. Kurzum: In Zukunft erscheinen Spiele von Bethesda nicht mehr für die PlayStation, was ein Starfield verdeutlicht, welches nur noch für PC und Xbox erscheinen wird. Gleiches könnte nun mit Titeln von Activision Blizzard passieren – Nicht gleich heute oder morgen, denn mit der kompletten Übernahme wird erst im Sommer 2023 gerechnet. Was aber übermorgen ist, weiß keiner. So sichert sich Microsoft eine gewisse Exklusivität kommender Spiele, um Sony endlich das Wasser mit ihren exklusiven Titeln reichen zu können.

Mit Bethesda und Activision hat sich Microsoft zwei Spieleentwickler-Unternehmen gesichert, die bisher offen für alle Plattformen waren, um sich eine exklusive Exklusivität sichern zu können. Das Nachsehen hat der Gamer, der nun je nach Drang und Verlangen sich nicht mehr nur auf ein „zu Hause“ einstellen muss. Das ist nicht neu, da wir heute mit Netflix, Prime Video oder Disney+ auch gleich auf mehrere Streaminganbietern zurückgreifen müssen, die sich auch eine Exklusivität gesichert haben. Dazu gehören Disney mit Star Wars und Prime Video mit Herr der Ringe plus einige sehenswerten Originals bei Netflix.

Wer Filme mag, hat mehr als nur ein Abo abgeschlossen

Das Aussterben der beliebten heimischen Spielekonsole droht

Mit jedem neuen „Zukauf“ entsteht eine neue Exklusivität, von der nur der Besitzer einer entsprechenden Spielekonsole profitiert, während Besitzer einer anderen Spielekonsole darauf verzichten müssen. Abhilfe schafft sicherlich der Besitz aller Konsolen – Ob nun Nintendo, PlayStation oder Xbox. Doch das kann ganz schön ins Geld gehen, denn eine Spielekonsole verschlingt schnell mal an die 400 Euro. Im Vergleich zur Filmindustrie könnten wir uns hier einen High-End-UHD-Player leisten, um damit alle käuflichen Filme auf Disc abspielen zu können, doch das digitale Zeitalter mit ihrem Streaming-Angebot lässt auch diesen Vergleich alt aussehen. Nicht alle exklusiven Serien und Filme erscheinen als physisches Medium, was in der Musikbranche noch üblich ist.

Microsoft setzt stark auf den Gamepass und bringt all seine Titel für die Xbox-Konsole und PC, während Sony nun auch wachgerüttelt wurde und zahlreiche exklusiven Titel für den PC veröffentlicht. Mit diesen Schritten verliert die heimische Spielekonsole deutlich an Bedeutung, da ein PC in jedem Haushalt vorhanden ist und auch in der Lage ist, jene Spiele erleben zu können. Die Zukunft der Spielekonsole steht damit in den Sternen, auch wenn ein Aussterben noch nicht absehbar ist.

Eins ist aber sicher: Wir müssen uns in Zukunft auf eine verstärke Exklusivität einstellen, der unseren bisher gewohnten Unterhaltungsbedarf finanziell stärker belasten wird. Die Gewinner sind nur die großen Spieleentwickler, wie Microsoft, Sony und Nintendo. Da kann man nur hoffen, dass THQ, die aus toten Spielen und Lizenzen neue Spiele zaubern, allen Gamern treu bleiben und ihre Spiele weiterhin für alle Plattformen veröffentlichen. Man muss auch beten, dass Ubisoft und Electronic Arts ihre Spieler in Zukunft nicht mehr allzu sehr verprellen und Spiele bringen, die vollwertig und fertig ausgeliefert werden. Da stören einem dann die wenigen exklusiven Partnerschaften mit Vorabzug oder einigen Inhalten nicht. Es sollte weiterhin der Spaß im eigenen Zuhause für alle im Vordergrund stehen und nicht der Neid auf die Nachbarn. Dass man die Türen öffnen kann, zeigte Sony mit der bisher exklusiven Spieleserie MLB The Show, das mit dem Release von MLB The Show 21 auch für Xbox erhältlich ist und sogar im Gamepass landetet.

Seit Anbeginn der Datasette von Computergames begeistert. Spielt alles was sich bewegt und für Atmosphäre sorgt. Nimmt gerne Peripherie unter die Lupe und auch auseinander, es bleiben immer Schrauben übrig.