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[ TEST ] RESIDENT EVIL 4 – Kann ein altes Meisterwerk noch besser werden?

Mit großen Hoffnungen und ein wenig Nervosität haben wir auf das Remake von Resident Evil 4 gewartet. Resident Evil 4 ist im Vergleich zu anderen Titeln der Reihe eine ganz eigenes Liga. Als es 2005 erschien, war es ein Wendepunkt in der gesamten Serie und ein Grundstein für die Entwicklung aller nachfolgenden Third-Person-Actionspiele. Wie kann man also ein Meisterwerk noch verbessern? Wir wüssten nicht, wo wir anfangen sollten. Capcom weiß es aber.

Eindruck
Original und Remake gegenübergestellt

Teil 4 spielt ein paar Jahre nach den Ereignissen von Resident Evil 2. Der ehemalige Raccoon-City-Cop Leon S. Kennedy hat den schlimmsten ersten Arbeitstag der Geschichte hinter sich und wird Spezialagent für die US-Regierung. Unglücklicherweise wurde die Tochter des Präsidenten, Ashley Graham, entführt und Leon ist derjenige, der sie retten soll. Das führt ihn in ein abgelegenes spanisches Dorf, und es dauert nicht lange, bis man in das Herz eines mit biologischen Waffen betriebenen Kults hineingezogen wird, während Leon gegen die Zeit anrennt, um Ashleys Leben zu retten.

Das ursprüngliche Resident Evil 4 war gruselig, aber es hatte auch den Charme eines kitschigen Actionfilms. Während Leon gegen seine Feinde kämpfte, Ashley rettete und mit anderen Hauptfiguren wie der Femme Fatale Ada Wong und dem rätselhaften Frauenheld Luis Sera interagierte, gab es jede Menge Witze und immer einen Hauch von selbstbewusstem Übermut. Das Schöne daran war immer, dass egal wie gut Leon ist, die Bedrohungen in Resident Evil 4 intensiv genug sind, um ihn herauszufordern und den Spieler auf Trab zu halten.

Die Neuauflage spart sich die meisten dieser witzigen Elemente und schlägt einen ernsteren und erwachseneren Ton an. Leon ist manchmal immer noch witzig und hat sogar ein paar neue Einzeiler, die bei den Fans sicher gut ankommen werden. Viele werden sicher zustimmen, dass Ashley im Originalspiel oft lästig war und meist nur zur Seite stand, wenn sie nicht gerettet werden musste. In der Neuauflage wirkt sie nicht mehr ganz so hilflos und gewinnt an Bedeutung, wird stärker und unterstützt Leon im Laufe der Geschichte.

Wo sie anfangs verängstigt und verwirrt war, findet sie sich später damit ab, feuert Leon an und hilft ihm in Schlüsselmomenten sogar enthusiastisch. Luis war auch einer der Favoriten, der durch offene und subtile Veränderungen eine ganz neue Dimension erhält. Sogar die Bösewichte haben eine effektive Tiefe erhalten. All dies geschieht, ohne viel, wenn überhaupt, von den ursprünglichen Charakteren abzuweichen, und wir würden behaupten, dass das, was weggelassen wurde, im Vergleich zu dem, was hinzugefügt wurde, entweder notwendig oder unbedeutend war.

Wir waren positiv überrascht, wie gut das Remake von Resident Evil 4 unsere Erwartungen ständig auf den Kopf stellten. Ja, die meisten Haupthandlungspunkte und allgemeinen Ergebnisse sind sehr ähnlich, aber die Reise zwischen diesen Punkten bewegte sich ständig zwischen sanften Unterschieden und massiven Neuerungen, die wir letztendlich als besser empfanden. Nehmen wir zum Beispiel Krauser.

Der Soldat, der sich in einen abtrünnigen Söldner verwandelt hat, war immer ein Schwachpunkt des Originals, der vor allem durch einen nervigen Quick-Time-Event Messerkampf und einen etwas unangenehmen, aber dennoch intensiven Bosskampf gekennzeichnet war. Entwickler Capcom hat sich diesen alten Schwachpunkt angenommen und aus den Konfrontationen mit Krauser einen richtigen und vorallem auch packenden Messerkampf gemacht. Dieser Kampf ist gut und Capcom nutzt ihn, um die Geschichte vieler Charaktere im Verlauf des Kampfes zu vertiefen.

Resident Evil 4 bleibt dem Original aus 2005 im Großen und Ganzen treu und ändert an einigen Stellen das Abenteuer so geschickt ab, dass es auf seine Art und Weise mehr Sinn ergibt. Die schiere Menge an neu gemischten Details hat uns als alte Resident Evil Veteranen ständig überrascht und erfreut. Dadurch wurde Resident Evil 4 besser, gruseliger und ein insgesamt besseres Paket, das an allen Ecken und Enden mit Easter Eggs und tiefgründigeren Informationen gefüllt ist, die Fans der Serie sicher begeistern werden. Natürlich ist nicht jeder einzelne Moment drastisch verbessert worden, aber nichts bleibt hinter dem Original zurück. Schlimmstenfalls bleiben die weniger gelungenen Szenen einfach gleich.

Gameplay
Alte Spielweise mit vielen kleinen Neuerungen

Natürlich wäre all diese Geschichte unwichtig, wenn das Gameplay von Resident Evil 4 nicht auch auf der Höhe der Zeit wäre. Das Kern-Gameplay ist immer noch weitgehend intakt. Leon hat einen praktischen Aktenkoffer, den er mit Waffen, Heilmitteln und Gadgets füllen kann. Wenn geistesgestörte Kultisten auf ihn zustürmen, werden wir wahrscheinlich eine Menge davon einsetzen müssen, um sie abzuwehren. Wir wollen gleich zu Beginn sagen, dass einer unserer kleinen Kritikpunkte am Spiel das Zielen ist. Während das Original einen Laserpointer auf jeder Waffe hatte, ist er im Jahr 2023 entfernt worden. Jede Waffe hat eine neue Zielmechanik, die mehr den früheren Resident Evil-Remakes entspricht, mit Waffenschwankungen und einem Genauigkeitsbonus, wenn man still und ruhig bleibt.

Das ist schwierig, wenn man ständig von Feinden umgeben ist. Zu Beginn von Resident Evil 4 kann es passieren, dass man von Panik überwältigt wird, wenn man versucht, erfolgreiche Schüsse zu landen und gleichzeitig zu vermeiden, dass man von Gegnern eingekreist wird, die einen billigen Treffer landen wollen. Wir hatten jedoch auch das Gefühl, dass dies die Spannung von Anfang an erhöht hat. Wenn man einen kritischen Treffer bei einem Gegner landet und ihm mit einem anschließenden Roundhouse-Kick das Gesicht zerschlägt, fühlt sich das befriedigender an als je zuvor. Das gilt auch für Kopfschüsse, die unseren Gegnern den Schädel einschlagen.

Wenn einem das Zielen wirklich zu schaffen macht, finden man im Spiel auch verbesserte Waffen und Aufsätze, mit denen sich die einzelnen Attribute der Schießeisen verbessern lassen. Darüber hinaus verfügt Resident Evil 4 über eine Fülle von Zugänglichkeitsoptionen, zu denen auch der Zielassistent gehört. Wenn es einen Aspekt des Spiels gibt, mit dem man visuell oder mechanisch Probleme hat, findest man in diesem Remake eine große Auswahl an Gameplay- und Zugänglichkeitsoptionen, mit denen man sie nach dem eigenen Geschmack einstellen kann.

Die Feinde erhalten in der Neuauflage einige neue Tricks, die zu ihrer Anzahl passen. Dorfbewohner, die sich hinter Leon stellen, werden versuchen, ihn festzuhalten, damit andere Feinde ihn erledigen können – absolut furchterregend, wenn man sich umdreht und sieht, wie sich ein kettensägenschwingender Irrer nähert. Lässt man den zu nah an sich ran, kommt es zu einer der vielen neu gestalteten und brutalen Todesszenen, die über das ganze Spiel verteilt sind. Später gibt es weitere Feinde, die mit neuen Tricks und gruseligen kleinen Nuancen aufwarten, die sie noch intensiver machen.

Leon selbst verfügt über eine unglaubliche Fülle an neuen Spielzeugen und Moves, wobei die Messer eine herausragende Rolle in dieser Show spielen. Er hat sein eigenes Messer, das bei einem Händler repariert und aufgewertet werden kann, aber wir werden auch weniger gute Messer sammeln. Die Messer sind wirklich wichtig, weil Leon damit jetzt Angriffe parieren und Schaden negieren kann. Außerdem kann er mit einem Messer einen Haltegriff durchbrechen. Der Haken ist, dass jedes Messer eine Haltbarkeitsanzeige hat. Parieren und Aufschlitzen verbraucht ein wenig Haltbarkeit, während das Brechen von Haltegriffen viel verbraucht. Ohne ein Messer in der Tasche herumzulaufen, gleicht in manchen Fällen einem sicheren Todesurteil, so dass jede Entscheidung, die mit dem Messer innerhalb und außerhalb des Kampfes getroffen wird, sich kritisch anfühlt und jede Zeit, die man ohne sie verbringt, umso beängstigender ist.

In der Neuauflage von Resident Evil 4 gibt es eine ganze Reihe neuer Waffen und sogar einige Abwandlungen der bekannten. Nahezu jede Originalwaffe ist vertreten und bietet eine große Auswahl an Optionen in Bezug auf Stärke, Munitionskapazität, Reichweite und Einsatzgeschwindigkeit. Ein Neuzugang hat es uns besonders angetan: der Bolzenschleuderer. Diese Armbrust, die den Platz des Minenwerfers einnimmt, macht sehr viel Spaß. Man kann mit ihr lautlos töten (Schleichen ist in diesem Spiel eine sinnvolle Option) und die Munition von einer Leiche oder einem Fehlschuss einsammeln, was sie für den Erhalt der Ressourcen sehr wertvoll macht.

Wir mochten diese Abwandlung einer alten Waffe, die wir im Original nicht mochten, aber das Waffenarsenal von Resident Evil 4 ist immer noch voll von befriedigenden Optionen, mit denen man die eigene Offensive nach Herzenslust anpassen kann. Wir können sogar Munition und Ressourcen mit neuen Gegenständen herstellen, die wir im Spiel finden (einschließlich kleinerer Messer), oder kleine Quests von Händlern annehmen (die über das Abschießen von blauen Medaillons im Original hinausgehen), mit denen wir noch mehr verbesserte Ausrüstung freischalten können.

Viele der actiongeladenen Momente und Begegnungen wurden ebenfalls überarbeitet und sind größtenteils berücksichtigt worden. Wir glauben, der einzige Kampf, der weniger spektakulär war als die anderen, war der Kampf im See. Irgendetwas an dem Wasser des Sees in diesem Remake sieht nicht überzeugend aus. Leons Boot bleibt während des Kampfes größtenteils trocken, obwohl es überall hin geschleudert wird, und die Wellen im See sind nicht gerade toll animiert, verglichen mit dem, was sonst im Spiel so gut ist. Selbst dann ist diese Begegnung kaum schlecht oder unlustig. Das Wasser sieht einfach nur seltsam deplatziert aus inmitten der ansonsten großartigen Grafik.

Der einzige andere Kritikpunkt, den wir hatten, sind einige wirklich deutliche grafische Macken, die uns manchmal aufgefallen sind. Am auffälligsten ist, dass es in diesem Spiel nur sehr wenige Ladebildschirme gibt, und wenn wir uns in neue Gebiete bewegten, konnte man manchmal sehen, wie sich visuelle Filter, Helligkeit und Kontrast erst nach dem Betreten des Gebiets deutlich änderten, vor allem in stark kontrastreichen Gebieten, z. B. wenn wir aus dunklen Höhlen in den offenen Raum kamen. Dieser Übergang ist wahrscheinlich notwendig, damit die Handlung flüssig abläuft, aber er ist eher schlecht versteckt. Nichtsdestoweniger gefällt uns die Neuauflage von Resident Evil 4 immer noch besser, weil es so nahtlos verläuft und mich im Moment hält, ohne zu laden.

Grafik und Sound
Ziemlich saubere Programmier-Arbeit

Grafisch betrachtet gehört Resident Evil 4 zu den großen Highlights der letzten Monate. Die aktuellen Konsolen um PS5 und Xbox Series X bieten dabei drei Grafik-Modi. Der Qualitätsmodus schraubt die Details und Grafikqualität nach oben und bietet neben nativen 4K etwa 55 fps an Bildrate. Dann ist da der Qualitätsmodus mit eingeschaltetem Ray-Tracing, bei dem die Lichter und Schatten verfeinert werden und das Spiel etwa 50 fps im Durchschnitt ausgibt. Der dritte Grafikmodus ist der Performance-Modus, der Ray-Tracing und ein paar Details opfert, um dadurch die 60 fps stabil zu halten. Die Auflösung beträgt auch hier volle 4K.

An den durchweg hohen Bildraten, zwischen den einzelnen Modi sieht man, welch saubere Programmierarbeit Capcom mit Resident Evil 4 abgeliefert haben.

Wir empfehlen euch, die voreingestellten Einstellungen „Chromatische Abberation“ und „Linsenverzerrung“ in den Optionen auszuschalten, da diese die Grafik krisselig, verzerrt und unsauber wirken lassen.

Die japanischen Komponisten Shusaku Uchiyama und Misao Senbongi, die sich bereits mit Soundtracks zu Resident Evil 2 und Devil May Cry einen Namen gemacht haben, steuern zu Resident Evil 4 einen nervenzerreißenden Sound bei, der geprägt ist von langgezogenen Streichern, dominanten Getrommel und später auch von sakralen Kirchen-Chören.

Fazit
Ein zeitloses Referenz-Spiel, das ein ganzes Genre geprägt hat

Jedes Problem, das wir mit Resident Evil 4 hatten, war unbedeutend und jedes konnte entweder angepasst werden oder wurde einfach unter der schieren Menge an großartigen Inhalten begraben. Dieses Remake ist intensiv und gruselig. Es ist kein Zuckerschlecken, aber man kann es nach Belieben abmildern. Die Geschichte wurde nicht nur aufgefrischt, sondern auch verbessert und die Änderungen und zusätzlichen Details werden Fans der Serie wahrscheinlich genauso begeistern wie uns. Außerdem bedeuten New Game+ und alle möglichen anderen Freischaltungen nach dem Abspann, dass wir alle dieses Spiel wahrscheinlich immer wieder spielen werden.

Capcom hatte mit der Neuauflage von Resident Evil 4 eine gewaltige Aufgabe zu bewältigen. Das Original hat alles verändert und einen Maßstab für die Serie gesetzt, der auch 18 Jahre später noch gefeiert wird. Nichtsdestoweniger sagen wir dies ohne Vorbehalte: Das Remake von Resident Evil 4 verbessert ein Meisterwerk auf eine Art und Weise, die es schwer machen wird, zum Original zurückzukehren. Es könnte sehr wohl eines der perfektesten Horror-Actionspiele sein, die wir je gespielt haben.

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Resident Evil 4 | Remake
  • Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 18 Jahren