Bild: Deep Silver

[ TEST ] DEAD ISLAND 2 – Flucht aus Hell-A

Sommer, Sonne und Pool-Partys in der eigenen Designer-Villa. Das verspricht der amerikanische Traum in der kalifornischen Metropole Los Angeles. Aber der Traum ist ausgeträumt, denn in der pazifischen Idylle tummeln sich Scharen Untoter, die uns alle zum Fressen gern haben. Also schnappt euch das Brecheisen aus der Garage oder was sonst gerade da ist und los geht’s mit Dead Island 2.

Ersteindruck
Willkommen in Los Angeles, dem sonnigen Zombie-Nest an der Westküste der USA

Mitten in einer laufenden Zombie-Pandemie passiert es. Unser Linien-Flug stürzt ab und als einzige Überlebenden, die scheinbar immun gegen die Zombie-Infektion sind, stürzen wir über Los Angeles ab. In der unter Quarantäne stehenden Großstadt an der Westküste wütet das Virus. Ausgerechnet hier müssen wir uns wieder einen Weg hinaus schlagen und nebenbei unterschiedlichste Geschichten und Schicksalen auf den Grund gehen.

Mit einer Vielzahl an Nahkampfwaffen können wir uns zum kämpferischsten Schönheitschirurgen Hollywoods mausern und jedem Zombie, der in dem postapokalyptischen Paradies herumtaumelt, ein Facelifting verpassen.

Aber halten wir mal ganz kurz Dead Island 2 an und spulen ins Jahr 2011 zurück. Da erschien nämlich der erste Teil und entwickelte sich dank seiner unkomplizierten Spielweise und dem beliebten Koop-Mode schnell zum Überraschungs-Hit.

Bereits 2014 wurde Dead Island 2 mit einem spektakulären Trailer auf der E3-Show von Sony angekündigt und dann…tja, dann war es lange Zeit Still um Dead Island 2. Der Titel sollte eine viele Jahre währende Achterbahnfahrt aus Problemen, Kritik und mehreren Wechseln der Entwicklerstudios durchlaufen. Kann ein Brei überhaupt gut werden, in dem fast zehn Jahre lang unzählige Köche herumgerührt haben? Die Antwort darauf hat uns positiv überrascht.

Gameplay
Erkunden, Draufhauen, Überleben

Nachdem wir also zu Beginn des Spiels einen Flugzeugabsturz bei einem missglückten Fluchtversuch aus der Stadt überlebt haben, schickt uns Dead Island 2 auf die Suche nach anderen Überlebenden von Bel-Air bis Beverly Hills. Der Schauplatz Los Angeles ist keine große offene Welt – eher 10 Bezirke, die durch Ladebildschirme zusammengefügt sind – und trotz der zahllosen verlassenen Fahrzeuge sind wir gezwungen, CO2-neutral zu bleiben, indem wir uns ausschließlich zu Fuß fortbewegen, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die sich nach den rasanten Wallrunnings von Dying Light 2 etwas lustlos anfühlt.

Dennoch ist jeder Abschnitt der Stadt, den wir gesehen haben, groß und lädt zum Erkunden und Wiederkommen ein. Bei Händlern gekaufte Sicherungen können dazu verwendet werden, verschlossene Garagen zu öffnen und sie nach seltenen Gegenständen und Waffen zu durchsuchen, während bestimmte andere Bereiche von übermächtigen Zombies bewacht werden, die mit einem Totenkopfsymbol gekennzeichnet sind und uns oftmals mit einem Treffer getötet haben.

In Dead Island 2 haben wir die Wahl zwischen sechs verschiedenen Jägern, von denen jeder seine eigenen grundlegenden Stärken und Schwächen hat. Amy ist wendig und athletisch, kann mit jedem Waffenwurf neue Ausdauer gewinnen und erhält einen Schadensschub, wenn sie isolierte Zombies angreift, während Stuntman Jacob mehr Lebenspunkte hat und seine Angriffe stärker werden, wenn sie in schneller Folge ausgeführt werden. Für meinen Durchgang entschied ich mich für Ryan, das eher panzerartige Mitglied der spielbaren Besetzung von Dead Island 2, der jedes Mal, wenn er einen Zombie zu Boden wirft, seine Gesundheit wiedererlangt.

Ryan wird als exotischer Tänzer beschrieben und ist gekleidet wie ein Feuerwehrmann auf dem Weg zu einer Party. Wir schätzen die Vielfalt der spielbaren Hauptfiguren sehr, auch wenn die Tatsache, dass in den Zwischensequenzen sechs verschiedene Tonspuren untergebracht werden müssen, dazu führt, dass die Dialoge manchmal etwas unzusammenhängend und bedeutungslos wirken.

Das Fertigkeitskartensystem von Dead Island 2 baut auf den Basiswerten jedes Charakters auf und ermöglicht es uns, die Eigenschaften des eigenen Charakters so anzupassen, dass sie am besten zum eigenen Spielstil passen. Es ist ein erfrischend schlanker Ansatz, der im Gegensatz zu einigen der komplizierteren Skill-Trees steht, die man in anderen modernen Action-Adventures findet. Man kann zwischen grundlegenden Fähigkeiten wie Blocken und Ausweichen wählen und dann Karten anlegen, um sie weiter zu verbessern. Wir haben uns zum Beispiel für die Karte „Fliegender Tritt“ entschieden, mit der man Zombies in andere Zombies oder von Dächern stoßen kann, und haben diese Fähigkeit dann mit der Karte „Abrissbirne“ kombiniert, die die Verteidigung der Zombies mit jedem fliegenden Tritt noch weiter schwächt.

Der Großteil der Karten, die wir freigeschaltet haben, waren nützlich und wirkten durchdacht, wenn auch nicht besonders spielverändernd, wie z. B. das Sammeln von Lebenspunkten durch gut getimte Blöcke oder das Ausführen eines Kriegsschreis, um einen vorübergehenden Zähigkeitsschub zu erhalten, aber wir gehen davon aus, dass einige der auffälligeren Superfähigkeiten in Form der hochrangigen „Numen“-Karten kommen werden, die haben wir nur noch kaum im Laufe unseres Spieldurchlaufs gefunden.

Man braucht kein Pokerface, um mit den Fähigkeitskarten von Dead Island 2 umzugehen, aber man muss bei jeder einzelnen Begegnung mit den Fleischpuppen von LA in ein Gesicht schlagen, in einen Torso stechen und ein oder zwei Arme abhacken. Glücklicherweise sind wir mit einer einzigartigen Auswahl an improvisierten Utensilien bewaffnet, um das „All-you-can-beat“-Buffet von Dead Island 2 in Angriff zu nehmen, von Golfschlägern über Rohrzangen bis hin zu Claymores, und viele von ihnen fühlen sich beim Gebrauch angenehm unterschiedlich an, Von der befriedigenden Art und Weise, wie ein schwerer Angriff mit einem Schlachtermesser die Klinge vorübergehend im Nasenrücken eines Gegners festsetzt, bis hin zu den schnellen Schlägen des Schlagrings, mit dem wir einem Zombie das Gehirn aus dem Hinterkopf schlagen, als würde man die unappetitlichste Olive der Welt verprügeln.

Die meisten dieser Waffen können mit verschiedenen Mods und Perks aufgerüstet werden und wir haben die Klauen im Stil von Wolverine mit einem Slaughter-Perk aufgerüstet, um den Schaden an den Gliedmaßen zu erhöhen, und einen Baseballschläger mit Nägeln versehen, damit er bei jedem Schlag anhaltenden Blutungsschaden verursacht. Auch bei der Wahl der Waffen gibt es eine gewisse Strategie – eine mit Feuer verstärkte Axt ist zum Beispiel weniger effektiv gegen einen Zombie, der bereits in Flammen steht – daher ist es gut, sich mit einer Reihe von Hieb- und Stichwerkzeugen für alle Gelegenheiten auszustatten.

Unsere Geschicklichkeit im Umgang mit dem Waffenrad wurde während einer Nebenmission auf die Probe gestellt, bei der eine Gen Z-Influencerin uns damit beauftragte, Wellen von Monstern auf verschiedene Arten zu beseitigen, um Aufnahmen für ihren Social-Media-Kanal zu machen. Am Ende hatten wir genug untote Angreifer niedergeknüppelt, zerstückelt und gegrillt, um ihren Twitch-Stream mit einem ständigen Strom zuckender Körper zu füllen. Diese Quest zählt zu den Highlights im Spiel und wird ziemlich lustig präsentiert.

Dies war nur einer von vielen denkwürdigen Schauplätzen, die mit mehr ranzigen Zombies vollgestopft waren, als man mit einem Stacheldraht umwickelten Stock erschlagen kann.

Auf dem Gelände des Halperin-Hotels haben wir eine Poolparty in ein Blutbad verwandelt, indem wir fröhlich in Badesachen gekleidete Schreihälse in Pfützen aus Giftmüll aufgelöst haben. Wenn wir mit Schwärmer-Zombies konfrontiert wurden, die einen Bienenstock aggressiv schwirrender Bienen in ihrem Brustkorb haben, hielten wir Abstand und warfen Autobatterien auf sie, um sie in die Knie zu zwingen. Wenn man von Soldaten umzingelt ist, haben wir die Grenadiere in die Menge getreten, so dass deren Sprengstoff explodierte und auch die anderen in Mitleidenschaft gezogen hat.

Und als wir uns in einem Hollywood-Backlot wiederfanden, wo wir gegen einen ekelhaften, Säure spuckenden Boss kämpften, nutzten wir die Spezialeffekt-Konsolen, die rund um die Filmkulisse der verteilt waren, um pyrotechnische Explosionen aus den Benzinkanistern auszulösen, die das Gesicht des knurrenden Kolosses in einer feurigen Flamme wegschmolzen.

Ihr seht also, es gibt im sonnigen LA viele verschiedene Varianten der untoten Beißer, die alle ihre eigenen Angriffsmuster, Stärken und Schwächen haben.

Umfang und Langzeitmotivation
Es eröffnen sich einige Schwächen

Zwischen einigen Gameplay-Höhepunkten gibt es jedoch nach wenigen Stunden Spielzeit erste Anzeichen dafür, dass das verwesende Fleisch, das an den schlurfenden Bürgern hängt, nicht das Einzige ist, was in Dead Island 2 langweilig werden könnte, und dass es im Laufe des Abenteuers zu einer ziemlich repetitiven Erfahrung werden kann. Die Innenräume von Gebäuden werden immer wieder verwendet, wobei das Layout einer Villa in Bel-Air, durch die wir gestreift sind, praktisch identisch mit dem einer anderen in Beverly Hills ist, und das gilt auch für eine Reihe von Missionszielen. Trotz der umfangreichen Waffenerweiterungen und Fertigkeitsverbesserungen laufen die Kämpfe in Dead Island 2 in den ersten Stunden zu oft darauf hinaus, Zombie-Schädeln mit einem Haufen stumpfer Instrumente den Garaus zu machen.

Und wenn der schreckliche Nervenkitzel erst einmal abgeklungen ist, wenn man sieht, wie sich Kieferknochen lösen und Augäpfel aus dem Schädel ploppen und an den fleischigen Nerven baumeln wie zwei Bommeln von Omas selbstgenähter Wintermütze, fühlt sich das Herumgekloppe mit diesen Zombies in etwa so herausfordernd an wie das Zerschlagen einer Piñata ohne Augenbinde.

In diesem Zusammenhang kam es uns seltsam vor, dass wir nach mehreren Stunden Aufenthalt im Land der laschen Waffengesetze damit verbracht haben, die persönlichen Tresore und Panikräume der Reichen und Prominenten zu durchstöbern, ohne eine einzige Feuerwaffe zu finden. Come on america! Wo sind die Schießeisen?

Aber dann erhielten wir einen Anruf über das Walkie-Talkie von Sam B, einem wiederkehrenden Charakter aus der Serie, der uns darüber informierte, dass er eine Spur zu einer Waffe hatte und deren Beschaffung das nächste Story-Ziel sein würde. Das war ein verlockender Abschluss, denn das Versprechen von modifizierbaren Schrotflinten und Sturmgewehren in Kombination mit ein paar weiteren seltsamen und wunderbaren Gegnertypen und dem in dem Raserei-Modus hat uns optimistisch gestimmt, dass sich der Kampf in Dead Island 2 genug nach vorn entwickeln wird, um uns während der gesamten Tour durch das La-La-Land bei der Stange zu halten.

Koop-Modus
Achtung an deutsche Käufer

Wie bereits im Vorgänger von 2011, bietet Dead Island 2 wieder einen Multiplayer-Koop für bis zu drei Spieler. Einen Offline-Koop gibt es hier leider nicht. Wir konnten den Koop-Modus in unserer Testphase leider noch nicht ausprobieren, da wir im vor-Release-Zeitraum einfach keine Mitstreiter finden konnten und unsere Lobby leer geblieben ist.

Für deutsche Spieler gibt es dabei einen Haken. Da die deutsche Version leicht geschnitten ist, kann man als Besitzer der USK-Version auch nur mit anderen Besitzern der USK-Version spielen. Deutsche Spieler sind damit vom Rest der Online-Community abgenabelt. Das solltet ihr bedenken, wenn ihr vorhabt, Dead Island 2 etwa mit einem Freund aus Österreich oder anderswo in der Welt zu spielen.

Die Zensur der deutschen Version besteht übrigens darin, dass wir bereits getötete Gegner in der USK-Version nicht weiter zerstückeln dürfen. Der Rag-Doll-Effekt existiert praktisch nicht. In der unzensierten Version ist das möglich.

Grafik & Performance
Vorbildliche Launch-Version

Für unseren Test haben wir die PS5-Version zur Verfügung gestellt bekommen. Auf Sonys aktueller Konsole sieht Dead Island 2 erstaunlich gut aus. Die Texturen wirken sauber und detailliert aufgelöst, die Stimmung und die Umgebungen der sonnigen Welt von Los Angeles kommt besonders schön zum Tragen. Man bekommt richtig Lust auf Urlaub in Kalifornien – aber dann bitte ohne fleischfressende Zombies.

Auf den aktuellen Konsolen PS5 und Xbox Series X soll Dead Island 2 in einer 4K-Auflösunung und 60 fps wiedergegeben werden. Auf der PS4 und der Xbox Series S sollen hingegen nur 30 fps angestrebt sein. Während unserer Spielsessions ist das Versprecher der flüssigen Bildrate zuverlässig eingehalten worden. Selbst in hektischen Konfrontationen lief das Spielgeschehen ohne spürbare Einbußen. Spielabstürze und Bugs haben wir dabei auch nicht zu beklagen gehabt. Dead Island 2 wirkt, entgegen der Erwartungen durch die holprige Entwicklungszeit, überraschend sauber programmiert und sehr angenehm spielbar.

Trotzdem hätten wir uns über etwas kürzere Ladezeiten gefreut. Auf der PS5 wirkt es mittlerweile etwas befremdlich, wenn wir mal länger als drei bis fünf Sekunden im Ladebildschirm warten müssen. Andere Spiele sind da mittlerweile einfach schneller.

Fazit
Zombie-Fans dürfen sich auf einen Urlaub in Los Angeles freuen

Nach der sehr problematischen Entwicklungsgeschichte mit den vielen Entwickler-Wechseln haben wir von Dead Island 2 im Vorfeld nicht viel erwartet. An der Stelle hat uns das Zombie-Haudrauf ordentlich überrascht. Teil Zwei ist ein mehr als würdiger Nachfolger der beiden Vorgänger von 2011 und 2013 und wirkt erstaunlich sauber entwickelt.

Besondere Neuerungen sucht man als alter Fan der Vorgänger vergebens. Los Angeles bietet ein schönes Setting mit weitläufigen Arealen, es gibt eine Menge Sachen zu Looten, unterhaltsame Quests warten auf uns, Koop mit Freunden ist auch wieder an Bord und vor allem jede Menge hirnloses Draufgekloppe, bei der man den verwesenden Unholden in ihre Überreste aufspaltet. All das war Dead Island schon vor 12 Jahren und all das ist Dead Island 2 im Jahr 2023 wieder. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Wer mit Dead Island bereits in der Vergangenheit richtig Spaß gehabt hat, macht mit Teil Zwei einen totsicheren Kauf. Vor allem dann, wenn man gern unkomplizierten Koop-Spaß mit ein paar Freunden sucht.