[ TEST ] THE LAST GUARDIAN

The Last Guardian befand sich insgesamt neun Jahre in Entwicklung und wurde bereits 2009 für die PS3 angekündigt. Viele Steine wurden dem Entwicklerteam um Fumito Ueda in dieser Zeit in den Weg gelegt. Nun ist The Last Guardian endlich doch noch für die PS4 erschienen. Ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat, klären wir in unserem Test.

Ersteindruck

Fumito Ueda, das ist der japanische Videospielkünstler, der die beiden Titel ICO und Shadow of the Collosus erdachte. Jene Spiele haben Geschichte geschrieben und durchbrachen die Grenzen des Videospiels, um mehr zu sein, als nur ein auf Disc gepresstes Stück Unterhaltungssoftware. ICO und Shadow of the Collosus gelten als Kunst und erfreuen sich auch noch heute einer eingeschworenen Fangemeinde. The Last Guardian tritt als abschließender dritter Teil, einer losen Trilogie, also in sehr große Fußstapfen.

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The Last Guardian verfrachtet uns sofort in die Handlung. Einen Prolog, der uns in die Story einführt, existiert nicht. Wir erwachen in der Haut eines kleinen Jungen in einer Höhle. Der namenlose Junge trägt ein weiss-rotes Gewand und hat zahlreiche geheimnisvolle Tätowierungen auf der Haut. Plötzlich bemerken wir, dass wir in dieser Höhle nicht alleine sind. Eine eigenartige Kreatur liegt dort im Schatten. Sie hat eine riesenhafte Statur, ein weiss-schmutziges Federkleid und eine Gestalt, die an eine Mischung aus Hund, Katze und Vogel erinnert.

Trico, so erfahren wir vom Ich-Erzähler der Geschichte, heißt diese Kreatur. Trico ist verletzt und durch eine mächtige Kette gefangen. Zuerst faucht uns das mächtige Wesen an. Es wird uns in Stücke reißen, wenn wir dem geschundenen Tier zu nahe kommen. Doch indem wir Trico Futter zuwerfen, seine Wunden versorgen und ihm von der Kette befreien, gewinnen wir ein erstes Stück seines Vertrauens.

5 STERNE
5 von 5 Sterne

Gameplay

Schnell wird uns klar, dass es weder Trico, noch der Junge allein durch diese verfallene und lebensfeindliche Welt schaffen werden. Das ungleiche Paar muss eine Symbiose eingehen – nur so besteht für beide eine Chance.

Wir steuern stets den Jungen, Trico bewegt sich eigenständig durchs Spiel. Am Anfang verhält sich das riesige Tier noch äußerst stoisch und kann nur mit Futter zum Weitergehen annimiert werden. Doch im weiteren Spielverlauf wächst das Band zwischen den Beiden immer mehr und wir können Trico Befehle geben. Immer wieder hilft er uns, an hochgelegene Stellen zu kommen und für uns unüberwindbare Schluchten hinter uns zu lassen. Denn der Junge ist kein wagemutiger Held wie die Protagonisten in Ico und Shadow of Colossus, die ihre Feinde mit Schwert und Bogen zu Fall gebracht haben. Als Junge sind wir in The Last Guardian sehr verwundbar. Wenn wir von den mysteriösen Rüstungen angegriffen werden, hilft nur die Flucht hin zu Trico, der uns Beschützt und die Angreifer in die Flucht schlägt.

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Doch Trico selbst hegt auch einige Ängste. Zum Beispiel reagiert er äußerst empfindlich auf die mysteriösen Apparaturen aus Glas. Hier müssen wir ihm wiederrum unter die Arme greifen und diese Apparte aus dem Weg schaffen. Nach einem anstrengendem Kampf ist Trico oft völlig aufgebracht, wie eine Katze nach einem unfreiwilligen Wasserbad. Hier müssen wir ihm mit Streicheleinheiten wieder beruhigen.

The Last Guardian funktioniert dabei wie ein Rätsel- und Geschicklichkeitsspiel, bei dem wir Hindernisse erklimmen und überwinden müssen, um einen Schalter zu betätigen. Oft gilt es herauszufinden, wie wir ein verschlossenens Tor öffnen, dass uns am Weiterkommen hindert. Dabei sei erwähnt, dass das Gameplay ohne große Erklärungen auskommt. Die meisten Spiele sind heutzutage so gestaltet, dass die Wege der Level und der Rätsel mit einem auffäligen Fingerzeig auf Lösungen sofort ersichtlich sind. Viele Entwickler scheuen sich davor, den Spieler zu fordern und ihm das Level eigenständig erkundene zu lassen. Viel zu groß scheint die Angst zu sein, der Spieler würde sonst entnervt den Controller aus der Hand legen. The Last Guardian schlägt da einen etwas anderen Weg ein, indem es sehr sparsam mit Hinweisen und Hilfestellungen ist und wir als Spieler oft etwas länger an einem Ort verweilen und die Umgebungen nach alternativen Wegen absuchen. Eine gelungene Abwechslung zu den sonst so casualartigen Gameplays der großen Entwickler, die uns oft allzu stark an die Hand nehmen möchten und uns durch die Level führen.

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In einigen Testberichten, anderer Magazine, wurde das Verhalten von Trico bemängelt, dessen KI nicht immer das umsetzt, was wir ihm befehlen und wir ihn in mehreren Anläufen an die richtige Stelle lotsen müssen. Einerseits können wir diesen Kritikpunkt nachvollziehen, da diese Situationen uns manchmal ein leicht genervtes Seufzen abringen, doch andererseits macht diese stoische Verhaltensweise Trico erst lebendig. Denn wer schon einmal versucht hat einem Haustier einen Befehl zu vermitteln, wird schnell feststellen, dass das Tier auch längst nicht immer roboterartig das Umsetzt, was wir von ihm erwarten. Und genauso verhält sich auch Trico. Er ist ein eigenständiges Wesen. Welches auch oft seinem eigenen Kopf nachgeht. Gerade diese Eigenwilligkeit verleit Trico Charakter und macht ihm zum glaubwürdigsten Tier, das jemals durch ein Videospiel gewandelt ist.

Ein angebrachter Kritikpunkt sind hingegen die gelegentlichen Probleme mit der Spielkamera, die sich immer mal wieder verselbstständigt und von uns nachjustiert werden muss. Auch die eigenwillige und zum Teil ungenaue Steuerung hätte ein wenig Feinschliff benötigt. Einige Male sind wir, im Laufe des Spiels, in den Tod gesprungen, weil die Laufrichtung und das Klettern zu schwammig ausgefallen sind.

5 STERNE
5 von 5 Sterne

Grafik / Sound

Die Grafik von The Last Guardian ist ein zweischneidiges Schwert. zum einen sieht man dem Spiel seine neun Jahre Entwicklungszeit an und dass es ursprünglich für die Hardware der PS3 programmiert wurde. So wirken zahlreiche Texturen sehr matschig und undetailliert. Andererseits wirken die Bewegungsanimationen Tricos und die des Jungen sehr natürlich und auch Trico selbst, mit seinem oppulenten Federkleid, ist fantastisch gelungen. Eine weitere Stärke sind die sehr stimmungsvoll gestalteten Levelumgebungen.

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Die meiste Zeit über, bewegt sich die Bildrate auf einem angenehm flüssigen Niveau. Doch kann es mitunter dazu kommen, dass die Bildrate die 30 Bilder pro Sekunde unterschreitet und leichte Ruckler auftreten. Auf der PS4 Pro bleiben uns diese Ruckler erspart, denn dort läuft The Last Guardian deutlich stabiler und flüssiger. Wer die Wahl hat, sollte The Last Guardian auf einer PS4 Pro spielen.

Der Sound gibt die minimalistische und fast leblose Welt gut wieder. Dementsprechend sparsam fallen auch die Geräusche aus. Die meiste Zeit hören wir die schweren Schritte von Trico und die tapsigen Schritte des Jungen. Untermalt wird das Ganze mit einem großartigen, kraftvollen Soundtrack, der in bestimmten Situationen und Levelabschnitten immer wieder aufkommt, sich dabei aber immerzu dezent im Hintergrund hält.

4 STERNE
4 von 5 Sterne

Umfang

Für The Last Guardian benötigen wir im Schnitt etwa 15 Stunden für einen Spieldurchlauf. Da es keine weiteren Spielmodi oder alternative Endsequenzen gibt, hält sich der Wiederspielwert allerdings in Grenzen. Lediglich wer alle Trophäen sammeln oder die Geschichte noch ein weiteres Mal erleben möchte, wird einen Grund haben, The Last Guardian auch ein weiteres Mal durchzuspielen.

4 STERNE
4 von 5 Sterne

 

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Fazit

PsE Magazin AwardMit The Last Guardian ist Fumito Ueda und seinem Team ein denkwürdiges Spiel gelungen, dessen geheimnisumwobene Welt zum Träumen anregt und dessen Protagonisten direkt unser Herz erobern. Die sensible und fragile Bindung des Jungen und Trico wird auf so schöne und natürliche Weise dargestellt, dass es  wohl keinem kalt lassen dürfte.

Auch The Last Guardian ist kein perfektes Spiel und auch nicht frei von Fehlern, dennoch ist dieses besondere Abenteuer so einzigartig, Trico so liebevoll gestaltet, wie kein zweites Tier in der Videospielewelt, dass The Last Guardian noch lange in uns nachwirkt, wenn die Konsole schon längst ausgeschaltet ist.


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