Bereits am 6. November haben Wales Interactive und die D’Avekki Studios den Mystery-Krimi The Shapeshifting Detective auf die Ps4, XBox One, Nintendo Switch und den PC gebracht. Was das FMV (Full Motion Video)-Spiel so interessant macht, erfahrt ihr in unserem Test.
Ersteindruck
Ein bisschen Uwe Boll … nur in Gut
Ein verschlafenes Örtchen, drei Tarotkartenleger auf „heiliger“ Mission, ein grausamer Mord, Aliens, Dämonen, Zeitreisen, ein Hochzeitskleid, ein bisschen Voyeurismus und ein Ermittler mit einer ganz „besonderen“ Fähigkeit. Klingt im ersten Moment nach dem Plott eines Uwe Boll-Films, ist aber tatsächlich eine äußerst interessante Mischung von Dingen, die man an sonsten eher weniger in einem einzelnen Spiel erwarten würde.
Der erste Eindruck ist überraschend positiv. Vor allem weil die Geschichte es schafft die Neugier zu wecken. Wie passt das alles zusammen? Was haben die beiden Radiomoderatoren mit all dem zu tun? Wer sind die drei Tarot-„Spinner“, mit denen man in der selben Pension wohnt? Und warum werde ich das Gefühl nicht los, dass die Betreiberin der Pension entweder was zu verbergen, oder nen kompletten Dachschaden hat? … Mit solchen mehr oder weniger interessanten Fragen werdet ihr direkt am Anfang konfrontiert. Daraus am Ende ein stimmiges Gesamtbild und eine vor allem spannende und interessante Geschichte zu machen, ist den Entwicklern hier absolut gelungen. Das wird schon nach 20 – 30 Minuten klar.
Gameplay
Simpel, aber Komplex
Spielerisch sind FMVs eher simpel gehalten und beschränken sich auf das Auswählen von Fragen oder Antworten. Der Verlauf weiterer Dialoge und der Story werden dabei durch die gestellten Fragen und gegebenen Antworten beeinflusst. Soweit so simpel. Auch bei The Shapeshifting Detective ist es nicht anders als bei anderen Spielen dieses fast schon in Vergessenheit geratenen Genres. Dabei bietet das Spiel allerdings eine Besonderheit. Ihr könnt euch in jeden Charakter verwandeln, dem ihr im Spiel begegnet seid. Dadurch erhaltet ihr nicht nur weitere Hinweise und Tipps, sondern auch neue Auswahlmöglichkeiten für weitere Dialoge, welche wiederum zu neuen Hinweisen und weiteren Möglichkeiten führen. Hinter dem einfach wirkenden Gameplay versteckt sich also ein doch relativ komplexes System. Durch die vielen Abhängigkeiten, Variationen und dadurch immer wieder veränderten Folgen und Möglichkeiten, entsteht eine für FMVs sehr hohe Dynamik und Abwechslung, was für einen sehr hohen Wiederspielwert sorgt.
Grafik/Sound/Technik
Nicht ganz auf Hollywood-Niveau
Da wir es bei The Shapeshifting Detective mit einem FMV-Spiel zu tun haben, sprich mit einem Spiel, das überwiegend aus Videosequenzen mit echten Schauspielern besteht, kann man die Grafik hier nicht wirklich bewerten. Daher gehen wir das Ganze am besten wie einen Film an.
Was die Leistung der Schauspieler angeht, kann man sich absolut nicht beschweren. Sicher haben wir hier kein Hollywood-Blockbuster Niveau, aber mit guten B-Movies kann The Shapeshifting Detective locker mithalten. Wie bei solchen Spielen üblich wirken die meisten Szenen zwar wie typische Befragungen von Verdächtigen, wodurch die Szenerie sich im Grunde nie großartig ändert, aber die Protagonisten hauchen den Szenen durch gute Mimik und Gestik das nötige Leben ein, um trotzdem interessant zu bleiben und die Spannung hoch zu halten. Die Qualität der Videos an sich ist völlig OK. Zwar wirken einige der Szenen manchmal etwas seltsam ausgeleuchtet, wenn z.B. ein Schatten auf dem Gesicht des Schauspielers liegt der verdächtig nach einem Mikrofon aussieht, aber solche kleinen Schönheitsfehler kann man verkraften.
Der Sound ist, genau wie die Leistung der Schauspieler, auf gutem bis sehr gutem B-Movie-Nieveau. Die Musik hat was Mysteriöses und Spannungsförderndes, während sie dezent im Hintergrund vor sich hin dudelt. Während des Spiels läuft im Hintergrund auch immer ein Radio mit. Hier werden von verschiedenen Leuten mehr oder weniger gruselige Geschichten erzählt. Wen dieses ständige Geplapper im Hintergrund allerdings nervt, der kann es auch komplett abstellen.
Bei vielen der Dialoge hatte ich aber den Eindruck, dass sie schlecht ausgesteuert sind. Selbst bei geringer Lautstärke kam es gelegentlich zu Übersteuerung und lästigem Knarzen in den Boxen.
Technisch läuft The Shapeshifting Detective noch etwas unrund. Gelegentliche Abstürze und Freezes stören den Spielfluss und reißen einen leider ein wenig aus der Spannung. Da sich die Ladezeiten allerdings im einstelligen Sekundenbereich bewegen, ist der Neustart des Spiels und das Laden des Savegames schnell erledigt. Auch die großzügig gesetzten Checkpoints sorgen dafür, dass nicht viel vom Spielfortschritt verloren geht. Auch einige der Trophäen sind leider noch etwas fehlerhaft. Laut dem Entwickler ist hier aber schon ein Patch in Arbeit. Trophäenjäger müssen auf die an sonsten relativ leichte Platin-Trophäe also noch etwas warten.
Update: Inzwischen gab es einen Patch, der neben einigen Ergänzungen im Spiel auch die Probleme mit den Trophäen behoben hat.
Umfang/Inhalt
Besser als das Abendprogramm von RTL & Co.
Der Umfang und die Spielzeit sind stark von eurem Vorgehen abhängig. Wer es schnell und ohne viel Hin und Her mag, der kann das Spiel in ca. anderthalb bis zwei Stunden durchspielen. Wer aber alle Möglichkeiten ausnutzen, die vielen kleinen Geheimnisse der Charaktere erfahren und die Twists in der Geschichte erleben will, der kann problemlos auch vier bis fünf Stunden pro Durchgang investieren. Da der Killer bei jedem Spieldurchgang zu Beginn zufällig gewählt wird, sind auch mehrere Durchläufe nötig, um das Spiel komplett zu erleben. Dabei entdeckt man immer wieder neue Details und deckt Stück für Stück auch die vermeintlich unwichtigen Geheimnisse der Charaktere auf, was der Story bei jedem Spieldurchgang neuen Reiz verleiht und darauf neugierig macht, welche Leichen die Protagonisten wohl noch in ihren Kellern zu liegen haben. Zwar hat nicht alles direkten Einfluss auf die Geschichte, aber es rundet die Story etwas ab, da diese kleinen Details den Charakteren zusätzliche Facetten verleihen und sie dadurch authentischer werden.
In vielen anderen Reviews war immer wieder von Jumpscares die Rede. Das kann ich an dieser Stell nicht wirklich bestätigen. Bei keinem meiner vier Spieldurchgänge gab es irgendwelche Schreckmomente oder gar Jumpscares oder ähnliches. Vielleicht habe ich aber auch nur noch nicht die entsprechenden Entscheidungen im Spiel getroffen, um solche Szenen zu Gesicht zu bekommen. Bei den unzähligen Kombinationen und Abhängigkeiten in den Dialogen wundert mich das auch nicht. Allein dieser Punkt macht einen großen Teil des Wiederspielwerts aus. Eine nicht gestellte Frage, oder falsch gegebene Antwort kann folgende Dialoge und Entscheidungsmöglichkeiten teils vollkommen verändern und den Verlauf eurer Ermittlungen beeinflussen. Zwar steht der Killer seit eurem Spielstart schon fest, ob ihr allerdings die nötigen Hinweise findet um am Ende den richtigen zu beschuldigen, hängt allein von eurem Vorgehen ab.
Eine Besonderheit der Story ist, dass der Detective die Fähigkeit hat, sich in jeden Menschen zu verwandeln, dem er im Laufe des Spiels begegnet ist. Dadurch lassen sich nicht nur weitere Hinweise auf der Suche nach dem Mörder sammeln, sondern auch das ein oder andere Geheimnis über die Charaktere lüften. Auch wenn diese oft nicht wirklich zum Lösen des Falls beitragen, geben sie den Figuren eine gewisse Tiefe und Profil. So erfahrt ihr z.B. wer heimlich auf wen steht, wer mit wem ein Verhältnis hat, wer das ein oder andere nicht ganz saubere Geschäft am Laufen hat und wer der ein oder andere Charakter hinter seiner Maske wirklich ist. Das alles sorgt dafür, dass das Spiel auch abseits der eigentlichen Geschichte etwas interessantes erzählt und nicht einfach nur platt die Hauptstory runter rattert.
FAZIT
FMV-Spiele wie The Shapeshifting Detective sind sicher nicht für jeden etwas. Wer aber mal was neues ausprobieren will und dabei einen der besseren Vertreter des Genres sucht, kann hier beruhigt zugreifen. Die Geschichte ist interessant, die Schauspieler überzeugen und die vielen möglichen Twists in der Geschichte sorgen für den nötigen Wiederspielwert. The Shapeshifting Detective haucht einem fast vergessenen Genre mit einer Geschichte über Mord, Tarotkarten und Besessenheit neues Leben ein.
The Shapeshifting Detective ist erhältlich für PlayStation 4, XBox One, Nintendo Switch und PC (Steam). Der Test basiert auf der PS4-Version.
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