Bild: Nacon

[ TEST ] GREEDFALL – Rollenspiel-Action im Kolonialzeitalter

Das rollenspielerprobte Entwicklerteam Spiders veröffentlichen mit Greedfall ihr bisher ambitioniertestes Projekt. Ob das Action-Rollenspiel zu überzeugen weiß, erklären wir im Test.

Greedfall ist 12,33 GB groß und wurde unter der Patch-Version 1.02 auf einer PS4 Pro, einem 55 Zoll großen UHD-Fernseher von LG und einer Soundbar von Teufel getestet.

Ersteindruck
Die Entdeckung einer neuen Welt

Greedfall entführt uns auf die fiktive Insel Teer Fradee, die im Fokus komplexer Machtkämpfe um Wirtschaft und Politik steht. Seitdem das exotische Eiland vor einigen Jahren von Seefahrern entdeckt wurde, haben sich skrupellose Händler dazu aufgemacht, die neue Welt zu kolonialisieren. In der Hauptstadt New Serene kommt mit Constantin d’Orsay nicht nur ein engagierter Monarch an die Macht, er ist auch ein enger Vertrauter und Freund von uns. Die Unruhen auf der noch jungen Insel kommen nicht von ungefähr – die geheimnisvolle Plage Malichor rafft unzählige Menschen dahin. Schnell werden Vermutungen gestreut, dass die Ur-Einwohner Teer Fradees mehr über die Katastrophe wissen, als sie zugeben. Oder sind die Verstrickungen um Macht und Elend noch tiefgreifender, als wir es erahnen können?


Gameplay
Fraktionen und Gefährten

 Und nun kommt unsere Wenigkeit ins Spiel. im anschließenden Charaktermenu dürfen wir das Aussehen und die Fähigkeiten unseres Helden oder Heldin festlegen. Dabei vertraut das Charaktersystem auf drei grundlegende Spielarten: Den Krieger, den Strategen oder den Magier. Zwischen denen wir uns für eine Klasse entscheiden müssen. Darüber hinaus ist das Skill-System sehr offen gestaltet und bietet uns unheimlich viele Freiheiten, wenn es um das Anpassen unserer Spielweise geht.

Zu Beginn dürfen wir unseren Helden oder Heldin individuell anpassen.

Anders als andere Rollenspiele, die in den letzten Jahren erschienen sind, steckt uns Greedfall nicht in eine offene Spielwelt. Vielmehr ist Teer Fradee in viele miteinander verbundene Areale aufgeteilt, die durch eine kurze Ladezeit voneinander getrennt sind. Diese Entscheidung der Entwickler mag den Vorteil besitzen, dass man das Spiel durch begrenzte Bereiche mehr fokussieren kann, enttäuscht haben uns die häufig auftretenden Ladezeiten dann aber doch. So etwas wirkt aus heutiger Sicht wenig modern und erinnert uns eher an die Rollenspiele der PS2-Ära.

Ansonsten macht die Spielwelt in Greedfall sehr vieles richtig. Die Gebiete sind sehr hübsch anzusehen und oft atmosphärisch und detailliert gestaltet. Anfangs funktioniert der begrenzte Aufbau der Spielwelt sogar richtig gut und sorgt dafür, dass wir die Umgebungen neugierig nach versteckten Schätzen, Items oder Gegnern absuchen, um wirklich alles mitzunehmen, was uns das Spiel auf unserer Reise anbietet. In den fortgeschrittenen Spielstunden verliert sich unser Enthusiasmus allerdings in routinierter Gleichsamkeit.  Es fehlt dafür einfach überall ein wenig an Abwechslung. Wir treffen auf die immer gleichen Gegnertypen, sammeln die gleichen Items auf und befinden uns zwar in schick gestaltete, aber dennoch gleich ausschauende Levelabschnitte. Wer sich dazwischen nicht eine Spielpause von Greedfall gönnt, wird mitunter eher das Gefühl haben, er arbeite eine Abfolge von Arealen ab.

Die Spielwelt ist in viele Areale geteilt.

Andere Gameplay-Aspekte sind wiederum richtig gut gewählt, wie etwa die spannenden Fraktionen. Insgesamt fünf sind während unserer Reise anzutreffen. Da wären beispielsweise die Thélème, die machthungrigen Missionare aus der alten Welt oder die Nauten, die geschickten Seefahrer und Piraten auf Teer Fradee. Dabei bauen wir uns im Laufe des Spiels ein eigenes Team aus Gefährten auf – jeder der fünf Gefährten stammt dabei aus einer der fünf Fraktionen. Eine bunt gemischte Truppe, die wir da befehligen. Daraus ergeben sich immer wieder facettenreiche und taktische Kämpfe, bei denen wir die Fähigkeiten unserer Gefährten geschickt nutzen, um gegen die zahlreichen Bossgegner bestehen zu können. Die Gefährtenquests bieten dabei die Gelegenheit, unsere Mitstreiter besser kennenzulernen. Je nachdem, welche Fraktionen wir bevorzugen, verbessert oder verschlechtert sich das Ansehen der übrigen Fraktionen. Daraus entsteht schnell ein überraschend komplexes System aus unterschiedlichen Freiheiten.


Umfang
Viele Freiheiten, wenig Abwechslung

Greedfall ist mit einem Umfang von etwa 30 bis 40 Stunden eines der eher kürzeren Rollenspiele. Die Entwickler von Spiders begründen das damit, dass es ihnen wichtiger war, ein kompaktes und intensives Abenteuer zu bieten. Wir stellen fest, dass Greedfall die ein oder andere weitere Kürzung der Story wohl gutgetan hätte. Die präsentiert sich zwar anfangs spannend und gut erzählt, doch verliert sie sich im späteren Spielverlauf in einigen künstlich in die länge gezogenen Passagen. Auch mit den Kämpfen verhält es sich ähnlich. Das Kampfsystem geht gut von der Hand und einige Bosskämpfe sind wirklich spektakulär geworden und erinnern in Aufmachung und Design an Genregrößen wie The Witcher 3 oder Dark Souls. Dennoch fehlt auch hier der Langzeit-Spaß, da insbesondere die Standard-Gegner immer die gleichen sind und nach dem gleichen Muster reagieren und sich dementsprechend die Kämpfe auf dieses gleiche Muster einfahren.

Die schmutzigen Gassen von New Serene sind ein unsicheres Pflaster.

Grafik & Sound
Ein zweischneidiges Schwert

Die Level-Areale sind der Star des Rollenspiels. Teer Fradee weiß mit seinem düsteren-Barocken Stil zu überzeugen. Die Level sind sehr stimmungsvoll gestaltet und wir verlieren uns nur allzu gerne in der Welt von Greedfall. Auch das Design der Boss-Gegner ist wirklich gelungen und bleiben uns lange im Gedächtnis. Doch diese Medaille hat auch ihre Kehrseite. Man merkt Greedfall durchaus an, dass es keine AAA-Produktion mit riesigem Budget ist. Beispielsweise verfügen die Spielecharaktere über nahezu keine Gesichtsmimik. Auffällig ist auch die Gegner-KI, die sich oft sehr dumm verhält und nicht darüber hinauskommt, vorhersehbare Verhaltensmuster abzuspulen.

Der epische Soundtrack stammt vom französischen Komponisten Olivier Deriviere und hört sich schlichtweg fantastisch an und unterstreicht mal mit ruhigen Tönen, die in unheilvollen Glockenschlägen nuanciert wurden, die mystische Atmosphäre der wilden Inselwelt. Bis in kämpferischen Situationen die Orchester mit epischer Kraft und viel Fanfaren kraftvolle Rhythmen an unser Ohr bringen. Definitiv einer der bisher besten Soundtracks des Spielejahres 2019!

Lokalisiert wurde Greedfall in einer gelungenen englischen Sprachausgabe, die allerdings oft in Unstimmigkeiten mit den Mundbewegungen der Figuren steht. Deutsche Spieler müssen sich mit Untertiteln begnügen.


Fazit
Eher ein Geheimtipp unter den Rollenspielen

3 von 5 Sterne ganz okay blauIn unserer Brust schlagen zwei Herzen, wenn wir an Greedfall denken. Zum einen ist es ein schönes und ambitioniertes Rollenspiel in einer toll inszenierten Spielewelt. Das Barock der spanischen Kolonialzeit weiß sichtlich zu gefallen. Die Charakterdesigner haben besonders bei den Gegnerdesigns ganze Arbeit geleistet und liefern uns so manchen denkwürdigen Bosskampf. Das Fraktionen-System verleiht der Story Tiefe und koppelt sich wunderbar harmonisch mit dem Gefährten-System, mit dem sich bis zu fünf Mitstreiter befehligen lassen.

Auf der anderen Seite trüben einige grobe Schwächen den Spielspaß. So erinnern uns zerhackstückelte Level-Areale mit Ladezeiten eher an Spiele des vergangenen Jahrzehnts und wirken im Jahr 2019 eher etwas nervig und verhindern das gänzliche Abtauchen in die Spielewelt. Auch die Gegner-KI ist reichlich blöd und insgesamt fehlt es dem etwa 40 Stunden langen Spiel an Abwechslung. Greedfall ist ein solides Rollenspiel , welches den Hit-Status allerdings knapp verfehlt.


GreedFall erschien am 10. September 2019 für PlayStation 4 und Xbox One im Handel.

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