Im Jahr 2013 erschien mit The Last of Us eines der wohl letzten großen Titel für die alternde PS3, das Endzeit-Abenteuer sollte gleichzeitig auch eines der prägendsten Exklusivspiele der gesamten Konsolengeneration werden. Im Jahr 2020 befindet sich The Last of Us Part II in der gleichen Position. Die PS5 steht in den Startlöchern und die in die Jahre gekommene PlayStation 4 erlebt mit Naughty Dogs ambitionierter Fortsetzung eines der letzten großen Höhepunkte.
Ersteindruck
Ellies Welt ist ein Spiegel in unsere eigene Welt
Gleich eines vorweg: Dieser Test wird Spoiler vermeiden! Wir werden euch keine Details der dramatischen Geschichte verraten. Die Story von Part II entfaltet ihre Wirkung am besten, wenn ihr sie selbst erlebt.
Fünf Jahre sind seit den Ereignissen aus The Last of Us vergangen. Inzwischen haben Joel und Ellie ein sicheres Zuhause gefunden. Jackson heißt das kleine Örtchen. Mitten in den verschneiten Bergen Wyomings gelegen, wirkt es wie eine Oase der Sicherheit, die ihre Einwohner vor der brutalen Außenwelt schützt. Hier genießen die Menschen ein weitgehend normales Leben. Doch das Paradies ist zerbrechlich. Es muss um jeden Preis beschützt werden. Aus diesem Grund werden kampferfahrene Bewohner in Patrouillen eingeteilt, die das Umland von Jackson nach verirrten Infizierten oder potenziell gefährlichen Menschen absuchen. Und so kommt es, dass Ellie zusammen mit Dina auf Streife geschickt wird.
Über die Jahre ist Ellie zu einer jungen Frau herangreift und mit Dina befindet sie sich in ihrer ersten Beziehung. Die Liaison der Beiden kommt nicht bei jedem Bewohner Jacksons gut an, weshalb die junge Liebe von kritischen Augen auf die Probe gestellt wird. Schnell werden Stimmen laut, die der Meinung sind, dass so eine gleichgeschlechtliche Liebe den Frieden der Gemeinschaft stört. Nach einem traumatischen Ereignis versinkt Ellie in Trauer und Hass und begibt sich auf die Reise nach Seattle, um grausame Rache an ihren Peinigern zu üben.
The Last of Us Part II ist eine Achterbahnfahrt, die uns nicht nur auf emotionaler Ebene immer wieder tiefe Talfahrten durchleben lässt, sondern auch in Sachen Moral und Gewalt bisherige Grenzen überschreitet. Doch was genau an der Intensivität und der Gewalt macht dieses Spiel eigentlich so anders? Kürzlich erschienene Titel wie Doom Eternal oder Mortal Kombat 11: Aftermath präsentieren ihre Gewalt in einer völlig übertriebenen, selbstironischen Darstellung. Oft wirkt es geradezu wie in einer Karikatur, wenn etwa der Doom-Slayer seine dämonischen Widersacher zu blutigem Brei schießt. Doch in Part II ist da anders. Die Welt, in die wir hier hineingeworfen werden, fühlt sich sehr natürlich und geerdet an, die Protagonisten wirken sehr greifbar und menschlich und die Themen, mit der wir innerhalb der Handlung konfrontiert werden, sind hochaktuell. Nicht nur in der virtuellen Welt von Ellie grassiert eine kaum einzuschätzende Pandemie, nicht nur dort werden Menschen mit fremdenfeindlichem Hass und Homophobie konfrontiert. Naughty Dogs Abenteuer wurde von der Realität eingeholt – oder war es vielleicht genau andersherum?
Unsere Gegner sind keine Schießbudenfiguren, die man irgendwo in der Spielwelt platziert hat um den eigenen Killcount in die Höhe zu treiben. Vielmehr haben sie Namen, mit dem sie von ihren Mitstreitern auch angesprochen werden. Durch die zahlreichen Hinweise und Dokumente, die in der weitläufigen Umgebung verstreut liegen und von Ellie entdeckt werden können, erfahren wir mehr über ihre Leben. Wir erkennen, dass unsere Gegner nicht einfach die „Bösen“ sind, die es aus dem Weg zu räumen gilt, vielmehr haben sie eine Persönlichkeit. Auch sie haben Angst ihr Leben zu verlieren, auch sie stellen ihr eigenes Handeln in Frage. Sie träumen von einem besseren Leben in Frieden und Gerechtigkeit, sie haben Freunde und Familie, zu denen sie sich zurücksehnen, sie verfolgen eigene Träume und Wünsche. Viele unserer Gegner sind einfach nur Mitläufer, die sich gezwungen fühlen, sich ihren Mitstreitern anzuschließen und innerlich voller Zweifel stecken.
Es ist der ständige Wechsel der Perspektiven, der die Welt von The Last of Us Part II so grundlegend anders macht. Normalerweise existieren in Actionabenteuern immer feste Rollen. Der Autor der Geschichte gibt vor, welche Figur im Recht ist und welche nicht. Die Bilder von Gut und Böse sind scharf gezeichnet und werden den einzelnen Persönlichkeiten zugewiesen. Nathan Drake und Sully sind im Naughty Dog Klassiker Uncharted 2: Among Thieves die Guten, sie werden als strahlende Helden dargestellt, während der Söldner und Anführer Lazarevic als der Schurke auftritt, der kalt uns skrupellos sein Ziel verfolgt, den Schatz von Shambala zu erlangen und dazu jederzeit bereit ist, über Leichen zu gehen. So einfach wie die Rollen verteilt sind, so heuchlerisch sind sie zur gleichen Zeit – auch Nathan und Sully handeln aus Eigennutz und wollen an den kostbaren Schatz. Auf ihrer Reise werden sie jeden Gegner ausschalten, der sich ihnen in den Weg stellt. Unterm Strich sind sich Held und Schurke viel ähnlicher als es zunächst scheinen mag.
Das sogenannte „Dramadreieck“ bezeichnet die Rollenverteilung, die von nahezu allen Geschichten adaptiert wird. Das Dreieck markiert die Handlung und innerhalb dieser werden alle Personen einer der drei übergeordneten Rollen zugewiesen: Verfolger, Retter und Opfer. Doch die Geschichte, die mit The Last of Us Part II erzählt wird, funktioniert nicht nach einem starren Muster. Sie präsentiert sich viel komplexer. Ellie, Joel, deren Freunde und auch Gegner wechseln ihre Rollen immer wieder aufs Neue bis sie gänzlich verschwimmen.
Gameplay
Packender Überlebenskampf & intensive Nahkämpfe
Das vielschichtige Verhältnis zwischen Ellie und Joel wird auch im zweiten Teil aufgegriffen. Allein schon deswegen, empfehlen wir euch, den Vorgänger noch einmal zu spielen oder euch zumindest eine Zusammenfassung zu lesen oder etwa ein Let´s Play auf YouTube zu schauen. Zwar werden in Part II immer wieder Rückblenden eingestreut, die uns ein gutes Gefühl von Ellies und Joel Vergangenheit liefern, dennoch ersetzt das alles nicht die eigenen unverfälschten Gefühle, die wir erleben, wenn wir den emotionalen Überlebenskampf selbst erfahren.
Das Spiel nimmt sich anfänglich jede Menge Zeit um uns in seine Welt hineinzuziehen. The Last of Us Part II fesselt uns von Beginn an. Dabei bedienen sich die Entwickler um Neil Druckman an einer Formel, die auch schon den ersten Teil zu einer besonderen Erfahrung werden ließen. Da wäre das bloße Erkunden der Umgebungen. Bereits im Vorgänger war es zu jeder Zeit spannend, wenn wir einfach unseren Blick schweifen ließen und uns auf der Suche nach dringend benötigte Crafting-Materialien machten. Naughty Dog heben das Level-Design abermals auf eine ganz neue Stufe. Unser Abenteuer verläuft zwar noch immer auf linearen Bahnen, doch die Umgebungen sind dieses Mal um ein vielfaches größer und vertikaler.
25 Jahre nachdem die Infektion ihren Anfang nahm und die Welt, wie wir sie kannten, aufhörte zu existieren, hat sich die Natur das Land zurückerobert. Pflanzen überwuchern Straßen und Highways, der Regen überflutet Tiefgaragen, die Witterung nagt an den Mauern der Gebäude, die mit ihren gähnend leeren Fenstern wie die Gespenster der einstigen Zivilisation anmuten. Noch kein anderes Spiel hat es bisher geschafft, die eigene Welt mit solcher Detailfülle auszuschmücken. Praktisch jeder Ort, jedes Gebäude und jede Ecke erzählen ihre ganz eigenen Geschichten, die davon erzählen, wie die Menschen einst lebten und welche Tragödie sich abgespielt haben mag. Oft lässt sich bei genauerem Hinsehen nachverfolgen, wie sich die Menschen mit dem Cordyceps infiziert haben. Der Cordyceps ist ein Pilz, der das Gehirn jedes Menschen angreift und ihn zu einer willenlosen und primitiv agierenden Tötungsmaschine werden lässt. Der Pilz verformt die Körper seiner Opfer zu grausigen Gestalten. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Land von dieser aggressiven Krankheit überrollt und hat unzählige Menschenleben gefordert.
Die verfallenen Landschaften sind äußerst trügerisch. In ihnen lauern unzählige Gefahren, denen wir zum Opfer fallen können. Die Infizierten agieren nun deutlich gefährlicher. Die Runner sind nur die erste Stufe der Infizierung. Jene Menschen sind erst kürzlich von der Pilzerkrankung befallen. Runner haben eine sehr aufmerksame Wahrnehmung. Haben sie Ellie erst einmal bemerkt, stürmen sie direkt auf uns zu. Stalker verhalten sich da schon subtiler. Auch sie bemerken äußerst schnell unsere Anwesenheit. Doch anstatt und direkt anzugreifen, verstecken sie sich am liebsten in schlecht einsehbaren Winkeln und Ecken und warten auf ihr Überraschungsmoment. Die Clicker sind die wohl bekannteste Spezies der Infektion. Der Pilzbefall ist in ihren Körpern weit fortgeschritten und hat sie erblinden lassen. Ihre Schallortung hat sie auf Geräusche sensibilisiert. Sie greifen mit verheerenden Schlägen an. Es existieren noch weit mehr Entwicklungsstufen des Cordyceps, doch die möchten wir an dieser Stelle nicht vorwegnehmen.
Besonders im Nahkampf und Schleichen zeigt sich Ellie deutlich agiler als dies Joel möglich war. Mit einem geschickt getimten Tastendruck können wir sie den Angriffen ihrer Feinde ausweichen lassen und ebenso mit einem schnellen Konter antworten. Das verlangt uns als Spieler einiges an Fingerspitzengefühl. Die Nahkämpfe treiben uns immerzu die Schweißperlen auf die Stirn, denn sie sind nicht nur fantastisch animiert, sondern auch sehr gewaltsam und wuchtig inszeniert. Ellie ist kein zögerlicher Mensch. Sie schneidet Kehlen durch, rammt Feinden die Machete in die Brust oder versetzt ihnen alleszerbrechende Schläge mit einem Baseballschläger. Intensiviert werden die Auseinandersetzungen noch durch die lebensechten Gesichtsausdrücke unserer Gegner. Wenn wir töten, dann ist dies kein sauberes um die Ecke bringen. Es fühlt sich schmutzig, grausam und unmoralisch an und unsere Gegner leiden Schmerzen. Auch deren Mitstreiter leiden. Voller Trauer und Angst rufen sie den Namen derer, die wir gerade eben ausgeschaltet haben.
Viele Kämpfe laufen dabei mit einem dynamischen Wechsel aus Schleichen, Nahkampf und Schusswechsel ab. Schleichen ist dabei kein Allheilmittel, um an unseren Gegnern herumzukommen. Ellie ist nie gänzlich unsichtbar. Zwar können wir uns nun auch hinlegen und durch hohes Gras robben, doch auch hier werden wir vom Gegner erspäht, sobald er aufmerksam nach uns sucht und er die sich bewegenden Grashalme wahrnimmt. Unsere Widersacher verhalten sich die meiste Zeit ziemlich Clever. Besonders in Kämpfen sprechen sie sich immer wieder gegenseitig ab, wechseln ihre Stellungen, gehen in Deckung und versuchen uns zu flankieren. Noch immer lassen sich unsere Gegner mit einer geschickt geworfenen Flasche ablenken. Im Extremfall werfen wir unserem Gegner die Flasche direkt ins Gesicht und nutzen den Augenblick um ihn mit einem finalen Angriff zur Strecke zu bringen.
Der Übergang zwischen offenen Kämpfen und verdecktem Schleichen, zwischen Schießgelagen mit unseren Waffen und den direkten Nahkampf funktioniert fantastisch und verhält sich wunderbar fließend. Es entwickeln sich immerzu atemlose Konfrontationen, die uns zur gleichen Zeit faszinieren und schockieren, weil sie so eindringlich sind. Das Spiel verlangt von uns jede Menge Stress ab, aber es ist eine gute Art von Stress.
Die Crafting-Materialien, lassen sich finden, wenn wir die Umgebungen nur gut genug nach ihnen absuchen. Aus einem Tuch und einer Flasche Alkohol wird so ein schnell ein Medikit gefertigt, mit dem wir Ellies Wunden heilen können. Gleichzeitig lassen sich mit aus den gleichen Materialien auch Molotow-Cocktails anfertigen, mit denen wir gleich mehrere Gegner anzünden können. Feuer ist übrigens eine besonders grausame Art, jemanden ins Jenseits zu befördern. Fangen Personen einmal Feuer, geraten sie in Panik, winden sich vor Schmerzen und sacken erst danach als leblos verkohlte Körper in sich zusammen. Stück für Stück werden wir auf unserem Abenteuer in die deutlich umfangreichere Crafting-Mechanik herangeführt. Im Weiteren Spielverlauf wandeln wir auf McGivers Pfade und konstruieren Explosivpfeile, Rohrbomben, Sprengfallen, Schalldämpfer und noch vieles mehr. Jedes neue Stückchen Ausrüstung und jede neue Waffe eröffnet uns immer neue Taktiken im Kampf. „Wie sollen wir nun vorgehen?“, fragen wir uns selbst, wenn wir auf die nächste feindliche Patrouille treffen. „Mal schauen, was Ellies Rucksack so hergibt!“, antworten wir auf unsere eigene Frage dann. Im weiteren Verlauf leidet manches Mal die Übersicht darunter.
Der beste Weg, um an dringend benötigte Materialien zu kommen, sind Safes und versteckte Orte. Auch im Erstling waren das vielversprechende Quellen, an denen wir unsere Ausrüstung aufstocken konnten. Mit Part II wurde die Materialsuche noch weiter verfeinert. Die vertikalen und weitläufigen Level erlauben es, dass Naughty Dog daraus kleine Rätselaufgaben macht. Beispielsweise entdecken wir in einem Bürogebäude einen Safe, dessen Kombination wir nicht kennen. In einem Dokument erfahren wir, dass sich die Kombination aus dem Datum ableiten lässt, an die Person-X Mitarbeiter des Monats im Unternehmen war. An einer anderen Stelle befinden sich die Sammelgegenstände gut sichtbar hinter einem Absperrzaun, der aber undurchdringlich erscheint. Mit einem geschickten Wurf spannen wir unser Kletterseil und lassen Ellie den Zaun überwinden.
Diese kleinen Rätseleinlagen sind meistens recht offensichtlich und einfach lösbar gehalten, sorgen aber für eine willkommene Abwechslung und entschleunigen das Spielgeschehen auf angenehme Weise.
Uns fällt auf, wie hilfreich und umsichtig unsere computergesteuerten Begleiter agieren. Oft ist Ellie nicht allein auf ihrer Reise unterwegs. Sie bekommt tatkräftige Unterstützung. Im 2013 erschienen Vorgänger hagelte es da noch Kritiken. Unsere Begleiter würden sich ungeschickt verhalten. Sie laufen den Gegnern direkt an der Nase vorbei und sind doch nicht unsichtbar. Und wirklich hilfreich waren sie nur in einer Handvoll Momenten im gesamten Spielverlauf. Manchmal haben sie auf einzelne Gegner das Feuer eröffnet, nur um letzten Endes vorbei zu schießen. Das ganze System fühlte sich inkonsequent an und wir bekamen nie das Gefühl los, dass wir es sind, der hier die ganze Arbeit macht. In Part II ist das vollkommen anders. Unsere Begleiter verhalten sich clever. Sie weichen dem Sichtfeld der Gegner aus, schleichen sich um sie herum und erledigen sie, wenn es sein muss, auch schon einmal lautlos. Tja, und Zielwasser haben sie anscheinend auch getrunken. Ihre Schüsse treffen oft dahin, wo sie hingehören – ins Fleisch der Gegner. Und so kommt es, dass uns immer wieder aus der Klemme geholfen wird und wir mit einem Schmunzeln vor dem Bildschirm sitzen und denken: „Hey, danke. Du hast mir gerade den Hintern gerettet!“
Nur ab und zu leistet sich die KI der Begleiter und die der Gegner ein paar Dummheiten.
Wir empfehlen euch, The Last of Us direkt auf dem ersten Spieldurchgang auf SCHWER zu spielen. Dem Zweithöchsten aus insgesamt fünf Schwierigkeitsgraden. Auf Schwer werden die Kämpfe intensiver, Ellie hält weniger Angriffe stand und die Gegner agieren noch cleverer, außerdem lassen sich weniger Ressourcen finden, weshalb wir gut überlegen müssen, wie wir und wann wir welches Item einsetzen. Auf den leichteren Schwierigkeitsgraden neigen wir dazu, zu viele Treffer einzustecken, dass wirkt mitunter eigenartig und bricht mit dem immersiven Spielgefühl. The Last of Us Part II ist geradezu dafür gemacht, es als ein anspruchsvolles Abenteuer zu spielen. Der höhere Schwierigkeitsgrad sorgt deshalb nicht für mehr Frust, sondern für noch mehr Intensität und stärkt das Spielgefühl.
Grafik & Sound
Sprengt alle bisherigen Grenzen
Wir haben The Last of Us Part II auf einer PS4 Pro und einem LG C9PLA OLED-Fernseher getestet. Die Grafikqualität ist eine absolute Wucht und dürfte mit Leichtigkeit den Thron als schönstes Spiel erklimmen. Die Texturen werden immer knackig scharf angezeigt. Das Erkunden der der Spielwelt macht immerzu spaß und oft genug sitzen wir mit offenem Mund vor dem Bildschirm. Der Detailreichtum, der in jede Umgebung, jedes Gebäude und jeden Raum geflossen ist, sprengt bisher alle Grenzen. In pedantischer Kleinstarbeit haben die Entwickler von Naughty Dog jeden – und wir meinen jeden – Ort unverwechselbar gestaltet. Allein am verschneiten Städtchen Jackson können wir uns einfach nicht satt sehen. Wir beobachten die Bewohner dabei, wie sie Gemüse in eingeschneiten Gewächshäusern heranzüchten, wie die Hufe eines Pferdes neu beschlagen werden und im Kindergarten bekommen wir einen Blick darauf, wie ein stolzer Vater seinem kleinem Kind das Laufen beibringt. All das ist liebevoll animiert und bettet sich sehr natürlich in die Spielwelt ein.
Achtet mal darauf, wie dünnes Eis gefrorener Flüsse unter den Hufen unseres Pferdes wegbricht. Es sind die Kleinigkeiten, die die Grafik von Part II so unglaublich natürlich erscheinen lässt.
Auch die Animationen bewegen sich auf einem noch nie gekannten Niveau. Als Spieler bekommen wir eine überaus emotionale Geschichte präsentiert, in der die Charaktere eine riesige Palette unterschiedlichster Gefühle durchleben. Schauen wir in deren Gesichter, so lassen sich selbst kleinste Regungen erkennen. Nicht nur, dass die Schauspieler hinter den Figuren einen fantastischen Job machen, auch das Spiel schafft es, die Gefühle in ihrer gesamten Bandbreite in die Gesichter zu zeichnen. Deren Bewegungen wirken ebenso sehr natürlich. Egal ob wir mit Ellie laufen, rennen, schwimmen, schleichen, hocken, klettern, kriechen… alles wirkt sehr organisch und die Übergänge zwischen den Animationen werden fließend dargestellt.
Die Menüs sind sehr minimalistisch und übersichtlich dargestellt. Das HUD lässt sich über die Optionen jederzeit umfangreich anpassen. Falls es euch zum Beispiel stört, dass euch das Spiel Hinweise gibt, oder das Markierungen euch den Weg zeigen, dann haben wir die Wahl, alles einzeln abzustellen und das Spielerleben noch immersiver zu gestalten.
Die Geräuschkulisse beweist abermals, was für ein herausragendes Spiel Part II geworden ist. Selbst kleinste Geräusche werden detailliert und dynamisch wiedergegeben. Allein wenn wir uns ins Wasser begeben und schwimmen, dann planscht und gluckst das Wasser, dass wir fast glauben, selbst im kühlen Nass zu stecken. Der Sound der Schusswaffen fällt wunderbar wuchtig aus und auch die deutschen Sprecher vertonen die Figuren gut. Auch wenn sie nicht an die Qualitäten der englischen Original-Sprecher heranreichen.
Die Musik kommt wieder vom Oscar-prämierten Komponisten Gustavo Santaolalla, der mit akustisch Gitarren ganz hervorragen die Stimmung in melodische Klänge hüllt. Santaolalla wurde überdies gleich zu Beginn des Spiels in Jackson mit einem Cameo-Auftritt gewürdigt. Unterstützt wird der Soundtrack noch von der Folkband Crooked Stil und Shawn James, von dem einige Stücke stammen, die Ellie auf ihrer Gitarre übt.
Umfang
Weitläufig, vielseitig und umfangreich
The Last of Us Part II ist Naughty Dogs bisher umfangreichstes und ambitioniertestes Projekt und das ist dem Action-Adventure auch jeder Zeit anzumerken. Die Level sind nicht nur weitläufig, sondern auch mit solch einer Authentizität und Detailfülle gestaltet, dass wir im verfallenen Seattle die wohl stimmungsvollste Endzeit-Welt der Videospielgeschichte vorfinden. Nahezu jedes Gebäude lässt sich erkunden und entdecken. All das ist vollkommen optional. Wir müssen die gesamten Nebenstraßen und unzähligen verlassenen Ruinen nicht erkunden. Daraus entwickeln sich sehr oft einzigartige Szenen und Momente, die der Spielwelt und den Charakteren mehr Tiefe verleihen.
Darüber hinaus besitzt Part II einige Entwicklungsbäume, mit denen Ellie ihre Waffen verbessern kann. Überall während unseres Abenteuers, sind Werkbänke verstreut, an denen wir die akribisch von uns gesammelten Bauteile investieren dürfen, um unserer Pistole mehr Stabilität beim Zielen zu verleihen, um die Spanngeschwindigkeit des Bogens zu erhöhen oder den Rückschlag der Schrotflinte zu verringern. Die handwerklichen Arbeiten an unseren Waffen sind abermals hervorragend animiert.
Neben Bauteilen verstecken sich auch Medikamente in den verlassenen Orten Seattles. In Schubladen, auf Kommoden, in Safes stoßen wir auf die pharmazeutischen Helfer – und manches Mal auch in den Händen gescheiterter Abenteurer, dessen Leichen wir um die kostbare Medizin erleichtern. Mit den Medikamenten verbessern wir Ellies Kampfeigenschaften und erlernen neue Fähigkeiten. So steigern wir etwa ihre Geschwindigkeit beim lautlosen Töten oder erhöhen die Stärke der Molotow-Cocktails.
Zwischen 30 und 35 Stunden dauert unsere Reise. Für ein lineares Singleplayer-Spiel ist das einen außerordentlich lange Spielzeit. Zum Vergleich: Der erste Teil bringt es auf eine Spielzeit von ca. 12 bis 15 Stunden. Umso faszinierender ist es, dass Ellies Reise über die gesamte Zeit die enorm hohe Qualität und die Spannung der Story aufrecht erhalten kann.
Ein umfangreicher und leicht bedienbarer Fotomodus ist ebenso im Spiel integriert wie ein New Game Plus Modus. Anders als im Vorgänger, bietet Part II keinen Multiplayer. Laut Aussagen der Entwickler wurde der Multiplayer im Laufe seiner Entwicklung zu ambitioniert und ist für die alternde Hardware der PS4 nicht mehr umsetzbar. Wir hoffen darauf, dass wir für die PS5 einen Multiplayer erleben dürfen.
Fazit
Ein Meilenstein der Gaming-Geschichte
The Last of Us Part II ist ein Meilenstein der Gaming-Geschichte und eine herausragende Reise. Die Protagonisten, allen voran Ellie, durchleben eine tiefe und sehr menschliche Charakterentwicklung. Die Story lotet neue Grenzen aus und hält in ihrer Schonungslosigkeit immer wieder atemstockende und schockierende Momente bereit, die uns auch lange danach noch flau im Magen liegen. Die Grafik kitzelt jeglichen Rest an Power aus der alternden Hardware der PS4 heraus und wirft uns in eine verfallene Welt, wie sie detailreicher und stimmungsvoller noch nie erschaffen wurde. Neben dem massiven Umfang schafft es das Abenteuer zudem, seine Qualitäten bis zuletzt auf einem überragenden Niveau zu halten.
Die Konfrontationen treiben uns immer wieder den Schweiß auf die Stirn und lassen unser Blut pulsieren. Sie sind wuchtig, kraftvoll und brutal inszeniert. Der Übergang zwischen Schleichen, Nahkampf und Schusswechsel funktioniert absolut fließend. Auf diese Weise erleben wir packende Überlebenskämpfe, die uns immer wieder aufs Neue durch ihren Tiefgang und ihre Spannung beeindrucken.
The Last of Us Part II ist bahnbrechend, erwachsen, emotional, schockierend und schonungslos. Es greift viele Mechaniken aus seinem Vorgänger auf und entwickelt sie konsequent weiter.
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