Mit dem heutigen Tag betritt ein neuer Kandidat die heiß umkämpfte Bühne, wenn es um Headsets für Gamer geht. Die Rede ist vom Austrian Audio PG16 Pro Gaming Headset für 139,00 Euro. Wir haben uns im Vorfeld das Headset auf die Lauscher gesetzt und den Klängen gelauscht. Kann Austrian Audio den Kampf aufnehmen?
Wenn wir an Österreich denken, so denken wir an Mozart, Nicki Lauda, Red Bull Racing, schneebedeckte Berge der Alpen oder gar an den erfolgreichen Popstar Falco. Gedanken an ein Headset aus Österreich hätten wir nie in unseren kühnsten Träumen erlebt. Mit Austrian Audio wird das aber nun Realität. Doch wer und was steckt hinter Austrian Audio?
Austrian Audio ist noch ein sehr junges Unternehmen, das erst 2017 seine Pforten öffnete. Doch ganz von null musste nicht angefangen werden, denn mit einem Kernteam von 22 ehemaligen AKG-Mitarbeitern aus den Bereichen Management, Akustik, Elektronik, Test und Messung, mechanische Konstruktion, RF/Wireless sowie Software und Firmware wollte man etwas Neues, Herausforderndes und Respektvolles gegenüber dem AKG-Erbe in Wien schaffen. Ausgestattet mit einem reichen Erfahrungsschatz und der Mission, Leidenschaft Gehör zu verschaffen, war ihr Expertenteam bereit, es mit den Branchenriesen aufzunehmen, indem es bestrebt ist, Produkte herzustellen, die den Klang und die technische Exzellenz verkörpern, die man von einem Unternehmen erwarten würde – Dann schauen wir mal, ob es gelungen ist.
Ersteindruck & Komfort
Edle-audiophile Kunst
Austrian Audio präsentiert das PG16 Headset in einem sehr ansprechenden Karton, der gerade mit dem Klettband uns an das Öffnen eines Buches erinnert, welches sehr erhaben das Innere preisgeben will. Die Verpackung, komplett aus Pappe gefertigt, informiert uns über die Leistung und Spezifikationen des Headsets. Neben einer Kompatibilität für PC, Mac, PS4, PS5 und Xbox erhalten wir einen Gutschein zur Spatial Sound Card – Eine Software für den PC, die uns Surround-Sound bietet.
Öffnen wir nun die Verpackung und entnehmen das gute Stück seinem Bett, bekommen wir gleich dessen Leichtigkeit zu spüren, während uns dessen Kleid in Klavierlack-Optik mit dem tiefroten Metallic-Lack entgegenlächelt. Da lässt ein Aufsitzen nicht lange auf sich warten. Umschlossen werden unsere Ohren von einem Ohrpolster aus speziellem Memory-Foam, der sich in weichem Leder und Stoff zu gleich hüllt. Gleiches sorgt für einen guten und leicht-sitzenden Halt, denn auch der Kopfbügel ist von dessen Polsterung geprägt.
Die Verarbeitung ist tadellos und ansprechend zu gleich. Hier kommen viele hochwertige Kunststoffe zum Einsatz, die gerade an der Aufnahme der Ohrmuscheln durch eine ästhetische Gabel aus Aluminium aufgewertet werden. Auch die Größenverstellung weist Metallschienen vor, die sich im Raster einstellen lässt. Alle beweglichen Elemente wurde liebevoll verschraubt und das zeigt sich gerade beim Faltmechanismus, um das Headset schnell im beiliegenden Beutel unterbringen zu können. Obwohl das Mikrofon einen guten Übergang zur Ohrmuschel bietet, passt sich der einfache Drahtarm des Mikrofons nicht ganz so in das Ambiente ein. Nach einer kurzen Recherche erkennen wir die Zugehörigkeit zum gelobten Hi-X15 Kopfhörer, der einfach mit einem Mikrofon an der linken Seite sich zum PG16 Headset gewandelt hat.
Für einen flexiblen Einsatz an Geräten mit einer 3,5 mm Klinke TRRS-Buchse, legt Austrian Audio uns ein 140 cm langes Kabel bei, welches nicht fest mit dem Headset verbunden ist und einfach per Klinke eingesteckt wird – 3,5 mm TRRS auf 2,5 mm TRRS Klinke. Zusätzlich liegt noch ein Y-Kabel bei, um auch einen Betrieb am PC zu ermöglichen. Erstaunlicherweise finden wir keine Remote-Control-Einheit am Kabel vor. Das Mikrofon lässt sich per „Tilt-to-mute“ Funktion stumm schalten, also ein einfach nach Oben klappen, wie wir es kennen. Die Lautstärkeregelung haben wir aber vergeblich gesucht und wird gerade für eine Nutzung der kompatiblen Konsolen schmerzlich vermisst. Obwohl es sich hierbei nur um ein kleines Feature handelt, denn am PC können wir Lautstärke schnell und unproblematisch über die Tastatur regeln, werden Konsolen-Spieler das Headset umgehend wieder fallen lassen. Wie kann man sowas nur vergessen? Optimistisch sind wir aber, denn durch das abnehmbare Kabel lässt sich das Feature vielleicht schnell nachreichen.
Der Tragekomfort zeigt sich mit seinem 265 Gramm sehr angenehm und leicht, mit einem guten Sitz und nicht zu viel Druck auf Ohren und Kopf. Die Ohrmuscheln sind groß genug und umschließen unsere Öhrchen, um eine passive Geräuschunterdrückung in einem gewissen Maße zu bieten. Etwas ungewohnt empfinden wir die Platzierung des Mikrofons auf der linken Seite, während die Zuleitung des Kabels auf der rechten Seite angebracht wurde. Wir kennen das nicht und es führt ein wenig zu Unwohlsein, denn „fremde“ Positionierungen erfordern immer etwas Eingewöhnungszeit.
Die Lederohrpolster sind robust und langlebig, können aber auch ein Schwitzen erzeugen. Persönlich stehen wir daher mehr auf Velours oder auf eine Auflage aus Stoff, Mesh oder ähnlichem. Die Ohrpolster lassen sich entfernen und austauschen und das hätten wir lieber mal nicht getan, denn es war eine nervraubende Fummelei diese wieder schick anzubringen. Wer denkt sich solche Konstruktionen aus? Nach der anfänglichen Euphorie sind wir durch die fehlende Lautstärkeregelung gedämpft worden, da hoffen wir, dass wenigstens der Klang alles ins Lot richten kann und das Mikrofon verspricht, was Austrian Audio uns vermittelt hat.
Sound & Klangbild
Gedämpft, mehr für den E-Sport ausgelegt
Bevor wir uns dem Klang hingeben wollen, müssen wir erwähnen, dass uns Austrian Audio einen Vocher-Code für die Spatial Sound Card Software beilegt, mit der am PC ein 7.1 Surround Sound geboten wird. Weitere Extra und Einstellungen zur Personalisierung sind somit geboten, wurde von uns aber nicht getestet und ausprobiert. Der Grund dafür ist, da Gamer an Konsolen die Software nicht nutzen können und wir über eine Creative Sound Blaster Z SE in unserem Rechner verfügen, die mit ihrer Software mehr als genug bietet. Zudem bleibt das Headset ohne Software ehrlicher im Test.
Für den ersten Versuch, das Potenzial des Austrian Audio PG16 Pro Gaming-Headsets, auf uns wirken zu lassen, zogen wir den Story-Trailer des heiß erwartenden Spiel Elden Ring aus dem Hause Bandai Namco raus. Er bietet viel Imposanz, Kraft und Dynamik, um in die Welt der sorgsam erschaffene Mythologie von George R.R. Martin eintauchen zu können.
Das PG16 Headset liefert mit seinen 44 mm Hight-Excursion Treibern ein breites Frequenzband von 12 Hertz bis 24.000 Hertz, die an einer Impedanz von 25 Ohm wirken und eine Empfindlichkeit von bis zu 113 dBspl/V liefern. Die Höhen und damit Dialoge kommen alle sehr sauber und klar herüber, schieben aber in den Rest etwas in den Hintergrund. Hier wird schon deutlich, dass Austrian Audio das Headset mehr auf den E-Sport ausgelegt hat, wo Ortung und Schritte für den Sieg im Spiel sehr ausschlaggebend sind. Dadurch leidet die Dynamik und auch das Volumen, denn die Imposanz, das Herzstück der mythischen Grundlage für das Lied von Feuer und Eis, wirkt sehr gedämpft und zurückhalten. Ein Actionfeuerwerk wie in einem Kinofilm wird schmerzlichst vermisst und lässt uns den Trailer eher wie einen Podcast wahrnehmen und nicht wie einen Cinematic-Story-Trailer. Im direkten Vergleich mit uns vorliegenden Headset konnte Austrian Audio uns nicht überzeugen.
Vielleicht ist der Trailer zu Elden Ring die falsche Option gewesen, um das Wirken des PG16 Headsets zur Geltung zu bringen und so bedienten wir uns im breiten Angebot von Amazon Music. Hier verdeutlicht Austrian Audion, dass das PG16 Pro Gaming Headset auf der Basis des Hi-X15 Studiokopfhörers basiert und gerade das kristallklare und präzise Hörerlebnis noch stärker in Szene setzen kann, aber weiterhin die kraftvolle Dynamik der Tiefen vermisst wird. Hier erlauben wir uns sogar zu der Feststellung zu kommen, dass das Klangbild absolut Bassarm ist, auch wenn das Klangbild Tiefen offenbart. Da es sich aber bei dem Austrian Audio PG16 um ein Headset handelt und vermehrt die Gamer ansprechen soll, haben wir es letztendlich noch an die PlayStation 5 angeschlossen und dort einige Spiele wie F1 2021 oder ein Ghost of Tshusima klanglich wirken lassen. Leider wirken die Motoren der F1 Boliden sehr hellhörig und schwach auf der Brust, während der 3D-Sound der Tempest-Engine ohne Dynamik wirkt, auch wenn der Wind uns mächtig um die Ohren bläst. Nutzt man das Headset hingegen in Shooter wie Battlefield 2042 oder einem Call Of Duty Modern Warfare, können wir den Feind sehr präzise und deutlich orten und sind ihm akustisch deutlich überlegen. Aber auch hier wird das Grollen der Panzer vermisst und die Explosionen verpuffen sprichwörtlich im Headset.
Auch wenn uns keine technischen Daten zu dem Mikrofon vorgelegt wurden, haben wir uns jenem gewidmet, denn immerhin ist das ein wichtiger Bestandteil für ein Headset. Das Mikrofon, angebracht an der linken Seite, mit einer hochklappbaren Stummschaltung, ist Teamspeak-zertifiziert und bietet ein klar verständliches Bild unsere Sprache. Unser Gesprächspartner haben sich nicht beschwert, denn auch gerade die Um- und Zischlaute werden nicht verschluckt. Das Mikrofon ist mit einem Popschutz ausgestattet und unterbindet somit nicht nur die störenden Atemgeräusche, es kann auch die umgebenen Klicklaute einer Tastatur fernhalten. Dennoch können wir hier nicht von gewohnt überzeugender Sprachqualität sprechen, denn die Natürlichkeit und das ehrliche Bild geht unter, da hier zu sehr auf die Sprachübertragung als Mittel zu Zweck gesetzt wurde. Das kenn wir aber von zahlreiche Headsets der unteren Preisklasse und ist typisch für Discord- oder Teamspeak-zertifizierte Headsets. Wer vermehrt streamt und sich auf Twitch & Co. bewegt, sollte sich im Portfolio bei Austrian Audio nach einem passenden Mikrofon umschauen, die aber alle eher als unerschwinglich im Preis sich hervorheben.
Fazit
Mehr Kopfhörer, statt Gaming-Headset
Mit dem PG16 Pro Gaming Headset liefert uns Austrian Audio wohl mehr Kopfhörer als Headset, das sich gerade mit seinen ästhetischen Designelementen für eine Menge Aufmerksamkeit sorgen kann. Das Erscheinungsbild ist sehr ansprechend und auch die Verarbeitung hervorragend. Selten findet sich ein so gutes Stück in unseren Händen. Dennoch schwirrt uns ein Gedanke durch den Kopf, der an die Novelle des Schweizer Dichters Gottfried Keller erinnert – Kleider machen Leute.
Unter dem Kleid des 140 Euro teuren PG16 Pro Gaming Headset steckt moderne Technik und Technologie, die aber den Gamer nicht in seinen Bann ziehen wird. Auch wenn das Klangbild eher E-Sportler und heimische Shooter-Gamer begeistern wird, fehlt es uns eindeutig an kraftvoller Dynamik und Volumen für unsere virtuellen Abenteuer. Es zeigt sich mehr die Auslegung für Studio, Bühne, Proberaum, auf Tour oder beim Musizieren zu Hause, die im Gaming oder zum Musikhören sich nicht eignen. Der wohl kritischste Punkt ist die fehlende Lautstärkeregelung, die gerade Gamer an den Spielkonsolen abschrecken wird. Wir können daher keine Empfehlung aussprechen.