Zusammen mit den Lunar Great Wall Studios hat Fish Eagle bereits vor einer Weile das Puzzle-Adventure Another Sight auf Steam veröffentlicht. Wir haben uns das kleine aber äußerst feine Spiel für euch angeschaut und verraten euch, warum es so besonders ist.
Ersteindruck
Unspektakulär, aber erfrischend anders
Zu Beginn des Spiels findet sich die Hauptfigur Kit in einem felsigen Gang wieder und schleppt sich ein paar Meter, um dann durch ein Loch im Boden zu fallen und in so etwas ähnlichem wie einem U-Bahn-Tunnel aufzuwachen. Zu allem Überfluss hat sie ihre Erinnerung an die vergangenen Ereignisse verloren und kann nicht mehr richtig sehen. Zum Glück begegnet uns eine getigerte Katze namens Hodge, die uns scheinbar begleiten will um uns aus der Patsche zu helfen.
So seltsam beginnt die Geschichte von Another Sight. Dabei versprüht das Spiel von der ersten Sekunde an einen seltsam vertraut wirkenden Charme und etwas herzliches. Man merkt ziemlich schnell das sowohl Geschichte, als auch Inszenierung etwas von Alice im Wunderland haben. Zugegeben: Diese unverkennbare Ähnlichkeit lässt Anfangs die Befürchtung aufkommen, dass Another Sight ein uninspirierter Abklatsch sein könnte. Relativ schnell merkt man jedoch, dass dieses Spiel ein ganz eigene Idee verfolgt und seinen ganz eigenen Charakter entwickelt. Mehr und mehr wird aus der wirr wirkenden Geschichte ein modernes Märchen das sich hinter keinem Klassiker verstecken muss.
Gameplay
Erfrischung mit Schwächen
Das Gameplay ist stellenweise leider ein wenig subobtimal. Zwar geht das Spiel im Grunde leicht von der Hand, aber vor allem die Sprungsteuerung hat ihre Tücken. Sie wirkt etwas ungenau und lässt vor allem beim Steuern des Katzenbegleiters die typische Geschmeidigkeit und Agilität, die man von einer Katze erwarten würde, vermissen. Wo eine „normale“ Katze normalerweise in einer Art Sinfonie von Bewegungen von einer Plattform zur anderen springen würde, muss man im Spiel an vielen Stellen mühsam von Hand von Plattform zu Plattform hüpfen. Speziell bei senkrechten Sprüngen, um an höher gelegene Stellen zu kommen, bremst Das das an sonsten flüssige und agile Spiel mit dem tierischen Begleiter unschön aus und hemmt den Spielfluss etwas.
Die Spielmechanik selbst ist relativ simpel gehalten. Betätige Schalter X um Plattform Y zu bewegen, damit du zu Schalter Z kommst usw. Dabei muss man gelegentlich mit etwas Geschick an die Sache herangehen um die Plattformen so zu positionieren, dass man sie z.B. als Brücke nutzen kann. Das Ganze ist dabei auf Teamplay ausgelegt. Viele Stellen kann man z.B. nur mit der Katze erreichen, andere wiederum nur mit Kit. So seid ihr im Grunde ständig am Wechseln zwischen den Charakteren. Auch die eingeschränkte Sicht des Mädchens spielt für das Gameplay eine wichtige Rolle. So kann man Sprünge z.B. nur meistern, wenn man die Landestelle „sehen“ kann. Dazu muss unser tierischer Begleiter beispielsweise miauen um sie für Kit kurzzeitig sichtbar zu machen. An einigen Stellen geht das Spiel sogar noch weiter. So muss die Katze z.B. miauen, damit ein paar Ratten anfangen panisch Lärm zu machen, damit man die Plattform sehen und draufspringen kann. Kling erstmal kompliziert, ist aber in der Umsetzung einfacher als es sich anhören mag. Hat man das Prinzip dahinter einmal verstanden, kommt man gut mit dieser interessanten Spielmechanik zurecht.
Dazu kommen einfache Physikmechaniken und das ein oder andere Schieberätsel bei dem ihr Kisten oder Gegenstände an einen bestimmten Punkt bringen müsst, um einen Weg zum nächsten Spielbereich zu erschaffen.
Grafik/Sound/Technik
Es muss nicht immer Hochglanz sein
Another Sight präsentiert sich im sidescroling-Look, ohne dabei starr von der Seite auf das Geschehen zu schauen. Kamerafahrten in die Tiefe und Perspektivenänderungen lassen das Geschehen sehr dynamisch wirken und verleihen ihm etwas lebendiges. Rein grafisch ist es dabei kein Meilenstein, sieht aber dennoch gut aus und leistet sich dabei keine größeren optischen Schnitzer. Im Gegenteil. Die Umgebungen und Areale sind teils wunderschön gestalten und könnten aus einem Märchenbuch stammen. Egal ob ein Garten in voller Blüte, eine Fabrik mit schweren Maschinen oder eine seltsam surreal anmutende Traumwelt mit herumschwebenden Uhren. Alles wirkt stimmig und sieht traumhaft aus.
Als kleine Besonderheit kann man dabei erwähnen, dass die Darstellung sich verändert, sobald ihr den Charakter wechselt. Spielt ihr mit Hodge, ist die Spielwelt „normal“ zu sehen. Wechselt ihr aber auf Kit, habt ihr nicht nur einen stark eingeschränkten Sichtbereich, sondern ein Lichtspiel aus Farben und Lichtimpulsen. Da Kit mehr oder weniger blind ist, nimmt sie Geräusche war um ihre Umgebung zu erkennen. Diese werden in prall leuchtenden Farben und Lichtblitzen dargestellt. Darüber hinaus wirkt das Spiel aus Kits perspektive wie eine Aquarellzeichnung. Flächen wirken wie leicht verlaufene Farbe und werden immer wieder von Licht durchflutet, sobald es ein Geräusch gibt. So gab es z.B. eine Sprungpassage mit grasbewachsenen Plattformen. Um diese zu sehen muss man einen Windzug abwarten, der die Plattformen für Kit sichtbar macht. Ein so tolles Farbspiel habe ich selten erlebt.
Der Übergang von Gameplay zu den kurzen Cut Scenes ist dabei fließend und unterbricht das Geschehen nicht unnötig. Die „richtigen“ Zwischensequenzen, in denen ein großer Teil der Geschichte erzählt wird, zeigen sich dann in wunderschönen Handzeichnungen mit vollvertonten Dialogen.
Die Sprecher machen in den Dialogen (und auch sonst) einen fantastischen Job. Sie hauchen den Figuren das nötige Leben ein um sie authentisch und lebendig rüber zu bringen.
Die Musikalische Untermalung passt eben so gut. Sie sorgt für eine gute Mischung aus Dramatik, Spannung und etwas geheimnisvollem. Dabei passt die Musik jederzeit zum Spielgeschehen und trägt ungemein zum Charme des Spiels bei.
Garniert wird das Ganze von einer tollen Geräuschkulisse. In der Fabrik hört man z.B. ständig das Geräusch schwerer Maschinen und das knistern des Stroms in den alten und maroden Leitungen. …
Rein technisch gibt es nicht das geringste zu bemängeln. Es gab keine Bugs, Glitches oder sonstigen technischen Fehler, die als solche zu erkennen gewesen wären. Von daher gibt es hier nichts weiter zu sagen.
Umfang/Inhalt
Die Prominenz der Wissenschaft
Another Sight schafft es, euch immer wieder neugierig zu machen, was es mit all den Geschehnissen in dieser seltsam anmutenden (Unter)welt auf sich hat. Und vor allem, wie das Alles mit dem Verschwinden von Kit’s Vater und dem plötzlichen Auftauchen ihres pelzigen Begleiters Hodge zusammenhängt. Dabei wird euch die Antwort nicht auf dem Tablett serviert. Stück für Stück entsteht aus dem Puzzle an Hinweisen und kleinen Details ein Bild. Damit erfindet man das Storytelling zwar nicht neu, macht es aber mit einfachsten Mitteln so geschickt und vor allem charmant, dass die Geschichte zu keinem Zeitpunkt langweilig oder uninteressant wirkt.
Dabei trefft ihr während des Abenteuers auf die Top-Prominenz der Wissenschaft und Geschichte. Zum Beispiel so bekannte Persönlichkeiten wie Claude Monet, Nikola Tesla und Thomas Edison. Auch ihr Auftauchen wirft Fragen auf, die dem Spiel neuen Reiz verleihen. Was haben so historische Persönlichkeiten mit allem zu tun? Und von was für einem Geheimbund ist Rede? Immer wieder wirft euch das Spiel neue Häppchen hin und hält die Spannung und das Mystery-Feeling aufrecht, ohne dabei aufgesetzt zu wirken, oder an Charme zu verlieren.
Einziger Wehrmutstropfen ist die Tatsache, dass Sammelgegenstände nicht in andere Spielstände übernommen werden. Startet ihr ein neues Spiel, werden alle gesammelten Collectables wieder gelöscht. Auch eine Kapitelwahl fehlt leider. Für Spieler, die das Spiel gern auf 100% spielen wollen, ist es also nötig, alles in einem Spieldurchgang zu finden. Nachträgliches Komplettieren ist leider nicht möglich.
FAZIT
Was uns Fish Eagle und die Lunar Great Wall Studios hier liefern, kann man getrost als „besonders“ bezeichnen. Zwar gibt es keine High End-Optik oder spielerische Innovation, dafür hat das Spiel etwas, was vielen großen Titeln komplett fehlt: Herz. Another Sight entwickelt einen ganz eigenen, speziellen Charme und wird dadurch zu einer Perle, die es heutzutage nur noch selten gibt. Wer neben all den RDRs, Call of Dutys und GTAs etwas wirklich spezielles sucht, der findet das möglichweise mit Another Sight.
Another Sight ist aktuell erhältlich für den PC (Steam). Die Veröffentlichung für PlayStation 4, XBox One & Nintendo SWITCH erfolgt später in diesem Jahr. Der Test basiert auf der PC-Version.
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