Seit dem 25. Mai dürfen PlayStation-Besitzer ins neue Abenteuer von Quantic Dream starten. Detroit Become Human erzählt dabei eine gesellschaftskritische und emotionale Geschichte. Wir haben das Spiel für euch unter die Lupe genommen.
Ersteindruck
ein Dasein in Ausgrenzung und Ungleichheit
Das knapp 43 Gigabyte große Spiel lässt uns in eine Welt eintauchen, die sich 20 Jahre in der Zukunft befindet. Im Jahr 2038 in der US-amerikanischen Großstadt Detroit. Der einstige Hort der Autoindustrie einen deutlichen Wandel durchgemacht. Hier befindet sich das Herz des Technologieunternehmens CyberLife, welches intelligente Maschinen am Fließband fertigt und in die ganze Welt verkauft. Die andere Seite Detroits sind immer noch die völlig heruntergekommenen Vororte, die genauso zerfallen und verloren wirken wie ihre Einwohner. Wer hier wohnt, lebt ein Dasein in Ausgrenzung und Ungleichheit.
Doch das soll nicht der einzige gesellschaftliche Kontrast sein, den diese Stadt im Jahr 2038 zu bewältigen hat. CyberLife entwickelt nicht irgendwelche Maschinen, vielmehr konstruieren sie Androiden. Maschinen, die dem Äußeren des Menschen perfekt nachempfunden sind. Sie können wie Menschen interagieren. Sie atmen und frieren sogar wie wir Menschen – nicht etwa, weil sie kälteempfindlich wären oder Sauerstoff benötigen. Vielmehr wurde den Androiden solches Verhalten direkt impliziert, um sie noch menschlicher und nahbarer erscheinen zu lassen.
Und dennoch wirken sie in ihrem Verhalten oft sehr sachlich, nüchtern und diskret. So wie man es von jedem professionellen Dienstleister erwartet. Denn gleichgestellte Wesen sind die Androiden mitnichten. Vielmehr werden sie von CyberLife als die perfekten Arbeitskräfte und Alltagshelfer beworben. Sie kümmern sich um die Kinder, pflegen die Alten und Kranken, heben schwere Lasten, putzen, gehen einkaufen, dienen als Sexpartner und erledigen sonst all die unangenehmen Aufgaben.
So innovativ und revolutionär die Erfindung des Androiden auch für die Einen seien mag, für einen großen Teil der Bevölkerung bedeuten die Maschinen auch Massenarbeitslosigkeit, Existenzverlust und Perspektivlosigkeit. Die Menschen, die es nicht schaffen sich gegen eine nahezu perfekte Arbeitskraft zu behaupten, werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Eben in jene Vororte von Detroit.
Dagegen erhebt sich in der Bevölkerung breiter Wiederstand, die wütend auf die Straßen ziehen und gegen die künstlichen Helfer demonstrieren.
Und wie sieht es auf Seiten der Androiden selbst aus? Die fristen ein trostloses Leben, in denen sie nicht nur von der Öffentlichkeit angefeindet werden, sondern auch wie Autos ausgestellt und verkauft werden. Je nach Ausstattung ist so ein Modell schon für 7.999 Dollar zu haben. Zu Schleuderpreisen werden sie gehandelt und von ihren Besitzern nicht selten misshandelt und angefeindet. Die Menschen finden in den Maschinen oft ein wertloses Objekt, das vielleicht so aussehen mag wie sie, aber keine Macht hat sich zu wehren und ohnehin beschwert sich niemand über schlecht behandelte Androiden. Warum denn auch? Es sind schließlich nur seelenlose Maschinen, die kein Bewusstsein haben, keine Gefühle, deren Verhalten nur vorprogrammierte Muster und Algorithmen folgt.
Aber ist das wirklich so? Was macht uns Menschen zu Menschen? Und ab wann beginnt eigentlich ein Android mehr zu sein als eine Maschine? Um diese und viele weitere Fragen dreht sich die Rahmenhandlung von Detroit Become Human.
Auch wenn wir bereits viele Worte zur Story verloren haben: Keine Angst, wir haben die Geschichte nicht gespoilert. Wir haben lediglich das Szenario angerissen, in dem Detroit Become Human spielt. Die Welt, die Quantic Dream dabei erschaffen hat, ist dabei so detailliert und vielschichtig ausgefallen, dass wir schon in den ersten Minuten in ihr verschwinden und gar nicht genug bekommen können.
Detroit Become Human ist dabei in einzelne Episoden aufgebaut, in der wir abwechselnd zwischen den drei Hauptprotagonisten hin und herwechseln und ihre Geschichten verfolgen. Alle drei Protagonisten sind Androiden, doch das dürfte auch schon das Einzige an Gemeinsamkeiten sein. Ihre Schicksale, ihre Persönlichkeiten und ihre Beweggründe sind grundverschieden wie das Stadtbild von Detroit selbst und betten sich gerade deshalb so gut in die eine Große Geschichte ein.
Der erste Protagonist Connor ist ein neuer Prototyp und auf Verbrechensbekämpfung bei der Polizei spezialisiert. Mit seinen hochmodernen Sensoren ist es ihm möglich Verbrechen so gut zu rekonstruieren, wie keiner seiner menschlichen Kollegen. Er nimmt Fährten auf, scannt Tatorte, analysiert Spuren in Sekundenbruchteilen.
Er hat den Auftrag, mysteriöse Morde von Abweichlern zu untersuchen. Abweichler sind Androiden, die plötzlich ein eigenes Bewusstsein entwickeln und sich gegen ihre eigentliche Programmierung verhalten. Was macht die Androiden zu Abweichlern und warum scheinen immer mehr und mehr Androiden betroffen zu sein?
Der Zweite im Bunde ist Marcus, der im Gegensatz zu seinen anderen Maschinenkollegen ein gutes Dasein bei einem verständnisvollen und gebildeten Mann führt. Marcus pflegt den altersschwachen Künstler in seinem Haus. Als Gegenleistung lehrt sein Besitzer ihm Philosophie und Werte im Umgang mit Menschen. Doch nach einem tragischen Ereignis befindet sich Marcus auf der Flucht. Er will es nicht länger hinnehmen, dass Androiden ein Leben als Fußabtreter des Menschen führen. Er will eine Revolution starten.
Kara ist die dritte Figur in unserer Geschichte und lebt ein hartes Dasein als Haushaltshilfe im chaotischen Haushalt des unberechenbaren Todd. Der ist so ein von der Gesellschaft Abgehängter und lebt mit seiner Tochter in einem heruntergekommenen Haus in den Vororten von Detroit. Nachdem Kara miterlebt, dass Todd seine kleine Tochter Alice misshandelt, beschließt sie die Flucht mit Alice. Von da an gilt sie ebenfalls als Abweichlerin und kann keinen Menschen mehr trauen – außer Alice, für die sie starke Muttergefühle entwickelt.
Gameplay
Simples Handeln, mit komplexen Folgen
Wie bereits in den vorangegangenen Projekten von Quantic Dream gleicht Detroit Become Human oft stärker einem interaktiven Film als einem Spiel. Das Abenteuer fordert die meiste Zeit in Quick Time Events unsere Reaktion. In kurzer Abfolge müssen wir hier bestimmte Tasten drücken. Dennoch fühlt sich das Gameplay deutlich tiefgreifender und abwechslungsreicher an als noch in Heavy Rain oder Beyond: Two Souls. Grund dafür ist vor allem, dass es in den Levelumgebungen immer wieder Hinweise und versteckte Details zu entdecken gilt, die für unser Fortschreiten der Geschichte von ganz wichtiger Relevanz sein kann. Wenn wir als Connor beispielsweise den Tatort genau absuchen und Beweise sicherstellen, können wir sie im späteren Spielverlauf den Verdächtigen damit konfrontieren. Haben wir es versäumt, diese Beweise zu sammeln, bleiben uns Antwortmöglichkeiten im Gespräch verwehrt und wir bekommen nichts Brauchbares aus dem Verdächtigen heraus. Die Geschichte von Connor schlägt dadurch eine andere Richtung ein.
Detroit Become Human wirft eine Menge gesellschaftskritischer Fragen auf und die wirken gerade in Zeiten von Debatten gegen Sexismus, Fremdenfeindlichkeit, Flüchtlingskrise und Rassismus aktueller denn je. An manchen Stellen wirkt das Vorgehen und die Handlung zwar etwas plump und klischeebehaftet. In den meisten
Fällen aber entwickelt sich die Geschichte zu einem erstaunlich vielschichtigen Erlebnis, das uns als Spieler immer wieder mit einem sehr flauen Gefühl in der Magengrube zurücklässt. Die Entscheidungen, die wir treffen, sind uns nicht gleichgültig. Immer wieder passiert es, dass wir vor moralische Entscheidungen gestellt werden, die uns zum Nachdenken anregen – selbst außerhalb der Spielzeit, wenn wir unsere Konsole ausgeschaltet haben, lässt uns das Schicksal der Protagonisten nicht los. Das macht die eigentliche spielerische Essenz aus. Denn während andere storyorientierte Spiele wie die von Telltale Games immer wieder damit werben, dass wir die Geschichte nach unsere Spielweise formen können – sie dieses Versprechen aber nie einhalten können – schafft es Detroit Become Human tatsächlich, eine konsequente Geschichte zu präsentieren, in der es viele verschiedene Wege gibt und in der wir mit unseren Entscheidungen leben müssen: Ob gute oder schlechte.
Umfang
Abenteuer mit Wiederspielwert
Die Handlung von Detroit Become Human dauert im Schnitt etwa 12 Stunden. Dadurch, dass die Story viele verschiedene Wege gehen kann, motiviert das Spiel zum mehrmaligen Durchspielen. Für ein reines Singleplayerspiel ist das ein guter Umfang.
Grafik / Sound
Audio-visuelle Referenz
Visuell und akustisch bietet Quantic Dream hier einen absoluten Referenztitel. Detroit Become Human darf sich problemlos auf eine Stufe mit anderen Schwergewichten wie God of War oder Uncharted 4 stellen. Die Besonders die Gesichter der Charaktere und deren Mimiken wirken oft so detailliert und echt, dass wir kaum glauben können, gerade ein Videospiel auf einer Konsole zu spielen. Das sieht eher aus wie eine gute Netflix-Serie. Kleiner Haken an der Sache: Die Grafikpracht kommt nicht ohne Abstriche aus. Auf der Standard-PS4 erleben wir immer wieder kleinere Einbrüche der Bildrate unterhalb der 30 Bilder. Auf der PS4 Pro allerdings dürfen wir das Androiden-Abenteuer in stabilen 30 Bildern und hochgerechneter 4K-Auflösung erleben.
Soundtechnisch überzeugt besonders die sehr gelungene deutsche Vertonung und der wirklich toll komponierte Soundtrack, der von gleich drei verschiedenen Komponisten stammt. Connor, Marcus und Kara – alle drei Protagonisten wurden in ein eignes Soundgewand gehüllt.
Fazit
Ein großartiges Erlebnis! Eine Emotionale und vielschichtige Geschichte mit bitterer Gesellschaftskritik.
Detroit Become Human überzeugt und weiß mit einer sehr spannenden Geschichte an den Controller zu fesseln. Die Welt von Morgen samt Konflikt Mensch gegen Maschine ist emotional und weitestgehend glaubwürdig und überraschend vielschichtig erzählt. Die Welt und deren Charaktere von Detroit sind uns nicht egal. Sie wachsen uns schnell ans Herz. Wir können uns mit ihnen identifizieren und erkennen oft auch unsere eigene Welt darin wieder. Das Gameplay ist an einigen Stellen immer noch zu simpel gehalten. Hier würden wir uns noch mehr Mut von Quantic Dream wünschen. Auch die Steuerung wirkt manchmal etwas hakelig und ungenau.
In Anbetracht der exzellenten Umsetzung der Geschichte und den Entscheidungen, sind diese Fehler aber schnell verziehen.
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