[ TEST ] FINAL FANTASY XVI – Macht, Intrigen und Familienfehden

Dass Square Enix mit Teil 16 die Final Fantasy-Reihe aufmischen will, steht nicht zur Debatte. Jedes Final Fantasy ist natürlich eine Neuerfindung, aber nur wenige sind so neu wie dieses. Produziert wird es von Naoki Yoshida, der Final Fantasy 14 gerettet und zu einem der angesagtesten MMOs der Welt gemacht hat, mit dem Ziel, die Anziehungskraft der Serie zu erhöhen und die altehrwürdigen Rollenspiele in ein modernes Action-Adventure zu verwandeln. In Interviews erwähnen Yoshida und die anderen Entwickler gerne, dass man sich hierzu zwei Titanen der jüngeren, hartgesottenen Fantasy für den Massenmarkt zu Vorbildern genommen hat: Game of Thrones und God of War.

Das Risiko besteht darin, dass Final Fantasy in dem Bestreben, sich in der Spitzengruppe der weltweiten Blockbuster zu behaupten, seine Identität verliert. Einige Fans sind vielleicht beunruhigt, wenn sie erfahren, dass sich die Serie von einem klassischen Rollenspiel in ein Actionspiel-RPG verwandelt. Andere mögen Bedenken haben, dass Final Fantasy-Charaktere mit Blut bespritzt werden und dann aus voller Kehle „Ich bring dich um“ schreien. So ernst und dramatisch ging es in der langen Laufbahn der Serie wohl noch nie zu.

Aber so sehr Final Fantasy 16 auch von der Norm der Serie abweichen mag – und trotz seiner reifen Erzählweise – ist es in seinem Kern unbestreitbar ein Final Fantasy-Spiel. Es hat die Beschwörungen, die Chocobos und die Moogles, die Kristalle und den Äther, aber mehr noch als diese Dinge, atmet es den Geist der Serie: Es ist mal ernsthaft, düster, ein bisschen gefühlig, aber auch mit einer großzügigen Prise charmanter Albernheit.

Yoshida betont, dass das Spiel aus dem Herzen kommt. Er hat von Square Enix keinen Auftrag dafür erhalten, mit Final Fantasy 16 einen radikal anderen Weg zu gehen: „Für uns ging es darum: Lasst uns einfach das machen, was wir lieben, und die Leute wieder für diese Serie begeistern“, sagte Yoshida. Nach dem wir das umfangreiche Abenteuer durchgespielt haben, können wir im da nur Recht geben.

Story
Kriege und Machkämpfe um fruchtbares Land

Clive Rosfield, mit dem Schwert auf dem Rücken, schlendert einen Weg entlang, der von Grünpflanzen und anderen mittelalterlich gekleideten Figuren gesäumt ist, in Richtung einer ummauerten Stadt. Es stimmt, dass das Team von Square Enix so sehr darauf bedacht ist, einen Knaller zu landen, dass das Spiel eine Weile braucht, um in einen angenehmen Rhythmus zu kommen. Der Anfang ist eine kontextfreie Rückblende zu einem Luftkampf zwischen zwei der gottähnlichen Beschwörungen des Spiels, den Esper, wobei der Spieler einen flammenspuckenden Phönix in einem Rail-Shooter im Stil von Star Fox steuert. Es ist spektakulär, wenn auch rätselhaft: Innerhalb von ein paar Stunden werden wir diese Sequenz erneut spielen, nur mit einer besseren Vorstellung davon, was vor sich geht und was da noch auf uns zukommt.

Nach dem Fall des Königreich Rosaria, wurde Clive Rosfield zum Gefangenen und gezwungen, sich als Soldat der kaiserlichen Armee zu verdingen. Es gibt eine komplexe Zwischensequenz, in der es um politische Manöver zwischen zwei Mächten in einem Bergfried in der Nähe des Schlachtfelds geht: Wir hören etwas über das Eiserne Königreich, die Dhalmekische Republik und das Heilige Reich von Sanbreque, ohne ganz zu verstehen, welche von ihnen im aktuellen Kampf vertreten ist. Es gibt ein Gespräch über Mutterkristalle und Esper.

Man merkt der Story an, dass viele ihrer Elemente aus der Erfolgsserie Game of Thrones inspiriert sind. Der Kontinent Valisthea befindet sich unter der Kontroller einer Handvoll sehr mächtiger Königreiche, die untereinander immer wieder riesige Schlachten um die Vorherrschaft austragen. Gleichzeitig wird das fruchtbare Land des Kontinents mehr und mehr von einer mysteriösen Fäule verschlungen, durch die ganze Landstriche unbewohnbar werden. Der Druck auf die Königreiche, um das verbliebene fruchtbare Land zu kämpfen, steigt von Jahr zu Jahr.

Nach einer weiteren zerstörerischen Schlacht unter den beiden Esper Ifrit und Phönix, gibt es eine ausgedehnte Rückblende/Tutorial-Sequenz, in der wir zu Clives Teenager-Jahren zurückspringen. Sein zierlicher jüngerer Bruder Joshua ist ein Dominus, was bedeutet, dass er die Macht hat, den Phönix-Esper zu beschwören und zu kontrollieren, der Rosarias Verteidiger ist. Als älterer Erbe sollte Clive diese Macht erben, was er aber nicht tat – sehr zum Missfallen seiner Mutter. Aber er ist ein begnadeter Soldat mit der Fähigkeit, die Magie anderer Esper zu absorbieren und in spektakulären Angriffsbewegungen und Zaubern einzusetzen.

Gameplay
Schnelle, komplexe, actionreiche Kämpfe, die sich trotzdem sehr intuitiv steuern lassen

Erst jetzt beginnt das Spiel, sich nach und nach zu öffnen, indem es sich Zeit nimmt, seine Charaktere, seine Welt und sein Gameplay geduldig aufzubauen. Das königliche Familiendrama ist leichter in den Griff zu bekommen als die politischen Intrigen, und Clive kann sich bei einem Einsatz, bei dem er ein paar Goblins aufmischt, die Beine vertreten, was als effektive Einführung in den frei fließenden Kampf dient. Der erste richtige Bosskampf ist der gegen einen Morbol (eine gefräßige Pflanze und ein klassisches Final Fantasy-Monster) – der Morbol ist großartig, mit interessanten Mechaniken, cleverer Inszenierung und einem befriedigenden Move-Rhythmus.

Das Kampfsystem ist sehr flüssig und flott gestaltet und erinnert stark an die Kämpfe aus Devil May Cry. In schnellen Abfolgen schwingen wir unser Schwert und fügen unserem Gegner direkten Schaden zu. Als Fernattacke verfügt Clive über den Feuer-Angriff, der sich bei Tastendruck auch als gesteigerter Feura-Angriff aufladen lässt.

Mit den Analogsticks tänzeln wir um unseren Gegner herum und halten uns gegenüber seinen mächtigen Gegenangriffen auf Abstand. In brenzligen Situationen weichen wir seinen Attacken per R1-Taste aus.

Das alles geht so spielend einfach und flüssig von der Hand, dass es eine wahre Freude ist und selbst nach vielen Stunden Spielzeit noch Spaß macht. Im Laufe des Abenteuers erlernt Clive zudem auch noch die Fähigkeiten anderer Esper wie Titan, Bahamut, Shiva und Co. Per L2-Taste wechseln wir aus bis zu drei verschiedenen Esper-Sets fließend hin und her und wirken deren vernichtende Magie-Angriffe. Daraus entsteht mit zunehmender Spielzeit ein Kampfsystem, dass sich komplex und vielseitig anfühlt ohne dabei zu überfordern.

Und spektakulär sehen Clives Moves allemal aus. Das Kampfsystem ist eines der ganz großen Stärken von Final Fantasy 16.

In den ersten Stunden ist Final Fantasy 16 recht geradlinig und treibend und hält die Balance zwischen großen Story-Elementen und Momenten die uns durch Kampfarenen führen und in denen sich Clive und seine KI-gesteuerten Gefährten durch Feinde mahlen und aufleveln können.

Nach einigen Stunden öffnet sich die Levelstruktur zunehmend. Wir erschließen die weitläufigen Spielwelten der einzelnen Königreiche, die obendrein sehr abwechslungsreich und stimmungsvoll gestaltet sind.

Mit Voranschreiten der Story erschließen sich uns auch immer wieder neue Nebenquests, die mal sehr simpel ausfallen und ein andermal richtige, in sich abgeschlossene Abenteuer bilden. In den Nebenquests lernen wir Nebencharaktere besser kennen und die einzelnen Königreiche. Was die Nebenquests spannend macht, wenn man tiefer in die Welt von Valesthea eintauchen will.

Die Nebenquests lohnen sich auch deshalb, weil es hier ordentlich viele Erfahrungspunkte zu verdienen gibt, durch die wir Clive Level aufsteigen lassen. Zudem gibt es auch noch Fähigkeitspunkte, mit denen wir Clives Esper-Fähigkeiten aufwerten dürfen.

Abseits der Nebenquests gibt es auch noch Waffen zu schmieden und legendäre Monster zu finden und zu erlegen.

Umfang
Keine überfordernde Open World, dafür eine gut aufgebaute Spieleerfahrung

Wir haben uns für unser Abenteuer mit Clive und seinen Freunden Zeit gelassen, haben die Spielwelt erkundet, sämtliche legendären Monster erledigt und jede Nebenquest erlebt. Somit kommen wir am Ende auf eine Spielzeit von 85 Stunden. Was ziemlich hoch ist und noch einmal vor Augen führt, was für ein Komplett-Paket man mit Final Fantasy 16 bekommt.

Nach dem Durchspielen erhalten wir zudem die Möglichkeit den New Game+ Modus zu starten, der hier Final Fantasy Mode heißt und die Spawns und Fähigkeiten zahlreicher Monster noch einmal verändern soll. Außerdem ist der Final Fantasy Mode die einzige Möglichkeit, Clive auf den Maximal-Level 100 zu bringen.

Grafik & Performance
Die typische Final Fantasy Ästhetik

Typischerweise findet sich auch hier wieder die Final Fantasy Ästhetik. Die Hauptcharaktere sehen alle top durchgestylt aus und tragen Designer-Mode. Zusammen mit dem Mittelalter-Fantasy-Setting und der erwachsenen und brutaleren Story entsteht dabei ein Kontrast, den wir stilistisch ziemlich charmant und einmalig finden.

Auf der PS5 finden sich zwei Grafikmodi: einen Modus, der 4K-Auflösung und 30 fps bietet und einen weiteren, der 1080p-Auflösung und 60 fps bereitstellt. Wir können euch nur zum flüssigeren 60 fps Mode raten. Die flotte Bildrate ist für die ebenso schnellen Kämpfe sehr wichtig und was die Grafikqualität angeht – der ist kaum merklich.

Wir haben die Testversion bereits drei Wochen vor dem offiziellen Launch zur Verfügung gestellt bekommen und hatten dabei immer wieder Probleme mit einigen kleinen Einbrüchen der Bildrate. Doch seitdem Square Enix vor einigen Tagen einen Patch zur Verfügung gestellt hat, hat sich das Problem erledigt und Final Fantasy 16 läuft nun spürbar besser.

Der von Yoshitaka Amano komponierte Soundtrack ist richtig stark gelungen und trägt vorallem in den super Inszenierten Esper-Kämpfen richtig dick auf, was die gesamte Dramaturgie in Final Fantasy 16 auf fantastische Weise trägt.

Fazit
Ein Meilenstein unter den JRPGs und das wohl beste Final Fantasy seit über 20 Jahren!

Nachdem mich Teil 15 und Teil 13 persönlich nicht richtig überzeugen konnten, gelingt Square Enix mit Final Fantasy 16 wieder ein ganz großer Wurf. Clive als hadernder Held, der langsam und von Selbstzweifeln geplagt in seine Rolle hineinwächst und eine komplexe Story aus Intrigen, Machtkämpfen, Familienkonflikten und Politik sind allein schon einen Blick wert.

Aber dann sind da auch noch die unheimlich gute, kinoreife Inszenierung und die einmalig schönen Zwischensequenzen, für die Final Fantasy so berühmt ist. Das Kampfsystem schafft einen perfektem Spagat aus Einfachheit, Tiefe, Abwechslung und Spaß und die Esper-Bossfights sind dann das absolute Sahnehäubchen.

Final Fantasy 16 ist eine vielseitige und vor allem auch lohnenswerte Reise in die von Kriegen und Krisen geplagte Welt von Valesthea, die einmal angefangen, einfach nicht mehr loslässt. Das wahrscheinlich stärkste Final Fantasy seit Teil 10 und das will etwas heißen. Unbedingt kaufen und selbst in dieses epische Abenteuer eintauchen!

Final Fantasy XVI ist ab dem 22. Juni 2023 exklusiv für PS5 erhältlich.

Final Fantasy XVI Deluxe Edition (PS5)
  • DEUTSCHE VERPACKUNG. DEUTSCHE ANLEITUNG. DEUTSCH SPIELBAR. CLive Rosfield: Der erstgeborene Sohn des Großherzogs von Rosaria. Obwohl alle erwarteten, dass er die Flammen des Phönix erben und als dessen Dominus erwachen würde, erwählte das Schicksal stattdessen seinen jüngeren Bruder Joshua, diese Last zu schultern. Auf der Suche nach einer eigenen Rolle widmete sich Clive dem Schwertkampf.
  • Joshua Rosfield Der zweite Sohn des Großherzogs von Rosaria und Clives fünf Jahre jüngerer Bruder. Joshua erwachte bald nach seiner Geburt als Dominus des Phönix. Trotz seiner vornehmen Erziehung behandelt Joshua alle Untertanen seines Vaters mit Wärme und Zuneigung – doch keinen mehr als Clive, den er zutiefst bewundert.
  • Jill Warrick Als die Nördlichen Gebiete fielen, wurde Jill im Kindesalter aus ihrem Heimatland nach Rosaria gebracht und dort in Obhut genommen, um den Frieden zwischen beiden Nationen zu sichern. Der Großherzog bestand darauf, dass sie zusammen mit seinen Söhnen aufgezogen wurde, und jetzt, im Alter von zwölf Jahren, gehört sie ebenso zum Haushalt der Rosfields wie Clive und Joshua. Immer freundlich, gütig und bescheiden, ist Jill zu einer verlässlichen Vertrauten der Brüder geworden.

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