Deck 13 zeigte sich in der Vergangenheit sehr geschickt im RPG-Bereich. Fernab von ihren Wurzeln, die in Adventures ihr Wasser finden, veröffentlicht das deutsche Entwicklerteam nun das Sci-Fi Rollenspiel The Surge.
Bekannt wurden die Entwickler mit dem im Jahre 2014 erschienen Spiel Lords of the Fallen. Wobei man davon ausging das ein zweiter Teil ins Hause steht, begibt man sich mit The Surge in eine ganz andere Zeitepoche. Durch die Trennung von CI Games und der Zusammenschließung mit dem Publisher Focus Home ging man ein anderes Projekt an, wobei dieser Plan schon lang Begeisterung im Unternehmen fand. Diese Idee war The Surge und ob hier eine so gute Entscheidung gefällt wurde, erfahrt Ihr in unserem ausführlichen Test.
Ersteindruck
Das erste Mal als wir bei The Surge nicht schlecht staunten, war wohl, als wir das Spiel aus dem Store geladen haben, denn das Spiel kommt auf schlanke 5,4 Gigabyte und ist somit nicht gerade ein Platzfresser. Nachdem der erste Schock überwunden wurde, starten wir das Spiel. Nach nicht einmal 30 Sekunden sind wir mitten im Geschehen und bewundern die kaum spürbaren Ladezeiten, diese bleiben durchweg sehr kurz. Bevor man in die neue Arbeitswelt eintaucht, kann man sich für einen der vier Charakterslots entscheiden auf dem man die Daten abspeichern möchte. Dies hat natürlich keinerlei Auswirkungen auf die Spielerfahrung, aber sehr vorteilhaft um schnell zu starten.
So wie am heutigen Arbeitsmarkt, ist es stellenweise schon schwierig einen guten Arbeitsplatz zu finden, im Jahr 2064 sieht das nicht viel besser aus. Die Maschinen drängen darauf, den Menschen Stück für Stück zu ersetzen.
Wer kann sich nicht an seinen ersten Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber erinnern? Wir glauben Warren, unser Protagonist, wird diesen durch gewisse Ereignisse nie wieder vergessen. Ganz unscheinbar gelangen wir zu unserem neuen Gehaltscheckaussteller. Dort wird uns erst einmal gezeigt, wie man die neue Umgebung betrachtet. Kurz darauf hält die Bahn an und wir steigen aus. Uns fällt prompt auf, dass wir nicht die gewöhnte Blickhöhe haben. Der Grund: Unser neuer Held ist an ein Rollstuhl gebunden. Wie wir an diesen gekommen sind, verrät man uns jedoch nicht. Aber auf jeden Fall ein interessanter Ansatz sein neues Ich zu präsentieren. Auf zwei Rädern rollt man durch den neuen Empfangsbereich, kann sich mit ein paar Wachen unterhalten, die einem nett darauf hinweisen, sich zu beeilen. Was einen schlechten Blick auf die neue Arbeitsstelle wirft, ist wohl dieser, dass man der einzige ist der sich für selbige Interessiert. Nachdem man ganz gemütlich zum angestrebten Ziel gekommen ist, wird man vor die Wahl gestellt. Hier kann zwischen zwei verschiedenen Arbeitsbereichen gewählt werden. Zur linken Schleuse gehen alle die sich als vielseitig Allrounder sehen und zu den Servicetechnikern gehören möchten, um in jeder Situation das richtige Werkzeug zur Hand zu haben. Schaut man in die rechte Schleuse, gehört man zu denen, die einfach aus dem Vollem schöpfen möchten. Dies sind dann die Maschinisten, die ganze Berge versetzen.
Nachdem die Entscheidung gefällt wurde, in welcher Abteilung man für seinen neuen Großkonzern „CREO“ arbeiten möchte, bekommt man sein wichtigstes Arbeitsutensil. Dieses ist ein Exoskelett, und wird einem in der ein oder anderen Situation die Arbeitsbedingungen erheblich erleichtern. Kaum liegt man auf der Pritsche, fängt der Apparat auch schon an, uns für die aufreibende Arbeitsschicht vorzubereiten. Dass wir aus Fleisch und Blut bestehen wird gekonnt ignoriert. Da macht es keinen Unterschied. das unser Körper keine Winden hat, in denen die Schrauben ihren Halt finden können. Alles läuft aus dem Ruder, die Maschine erfüllt ihren Dienst und montiert fleißig weiter und bohrt zu guter Letzt noch den neuen Kern-Chip in unsere Gehirnwindungen. Einen schlimmeren ersten Arbeitstag kann es gar nicht geben.
Gameplay
Nach so unserer ersten aufreibenden Schicht, wenden wir uns den metallschneidenden Drohnen zu, die unser frisch gewonnenes Exoskelett der Schrottabteilung hinzufügen möchten. The Surge bieten vertikale und horizontale Schläge und Hiebe, je nachdem wie die Schwachstellen des Gegenübers verteilt sind, kann die ein oder andere Methode schneller zum gewünschten Ergebnis führen. Die gesamte Steuerung geht butterweich von der Hand und lässt einen das Schlachfeld beherrschen. Selbst in harten Gefechten richtet sich die Kamera immer aufs Geschehen und wenn man mal zu dicht an der Wand steht, wird diese kurzer Hand entfernt um wieder volle Sicht zu bieten. Zudem lässt sich die Kamera natürlich zu jedem Zeitpunkt frei bewegen. Zu Beginn ist man nur mit einer Eisenstange, und dem von „CREO“ zu Verfügung gestellten Außenskelett bewaffnet. Um diese zu ändern, muss man ein besonderes Augenmerk auf seine Kollegen werfen, die man leider nie kennenlernen konnte, einem aber dennoch von Nutzen sind.
Geht es in den Kampf, sollte stetig ein Blick auf die Ausdaueranzeige geworfen werden, denn auch mit einem Exo-Skelett, geht einem die Luft aus. Steht einem dann ein untätiger Arbeiter gegenüber muss man kein Genie sein, um zu erkennen, dass dieser nicht mehr nach seinem eigenen Willen handelt und einem auch nicht wohlgesonnen ist. Nimmt man ihn ins Visier, kann zwischen den einzelnen Körperteilen gewechselt werden. Erachtet man eines als besonders nützlich, richtet man die Angriffe auf die ausgewählte Stelle und versucht sie zu beschädigen. Wurde genug Schaden verursacht und genügend Energie gesammelt, kann das Körperteil abgetrennt werden. Mit etwas Glück erhält man dann das Objekt der Begierde.
Die Finisher, die zum Abtrennen des Körperteils führen, müssen aber durch eigene Angriffe erst einmal aufgeladen werden. Um den Todesstoß anzusetzen, muss genügend Energie zur Verfügung stehen. So kann jeder einzelne menschliche Widersacher, zur laufenden Arsenalkammer umfunktioniert werden – natürlich lassen die sich ihr angelegtes Gut nicht ohne Gegenwehr abnehmen. Die Körperregionen von fast jedem Feind unterteilen sich in zwei Zonen: einmal gibt es die gepanzerten Teile (Gelb), die auch für den „Loot“ verantwortlich sind und dann noch die nicht gepanzerten Bereiche (Blau), an denen die Gegner besonders viel Schaden erleiden.
Wurden genug CREO-Mitarbeiter von ihrem „Hab und Gut“ erleichtert, müssen die erbeuteten Rüstungsteile noch zu nützlichen Teilen umgewandelt werden. Dies geschieht in einem der Kernbereiche von The Surge, und zwar in der Servicstation, diese Abteilung ist überlebenswichtig und ist in jedem neuen Areal einmal vertreten. Hier werden neue Kräfte gesammelt und die gesamte Ausbeute der letzten Schicht, kann verwertet werden. Dafür wird die Montage Station benötigt, an dieser lädt Warren die gesammelten Rohstoffe in den Speicher und lässt die ausgewählten Rüstungsteile erstellen. Ist die passende Ausrüstung gewählt, geht es noch darum, mit welchem „Werkzeug“ wir denn arbeiten möchten. Jedes angelegte Teil, bietet einem die Möglickeit es bis zu viermal zu verbessern. Auswahl wird uns zwischen fünf verschieden Waffenklassen geboten, die in getragenen und festmontierten Waffen untergliedert sind. Da sind wir überrascht wie groß das Arsenal mit zunehmender Dauer wird, es kann zwar nicht mit der Waffenauswahl eines Dark Soul’s mithalten, muss sich wie in allen anderen Punkten hier aber auch nicht verstecken. Umso länger die Waffe aus der jeweiligen Gruppe Verwendung findet, steigt stetig das Erfahrungslevel, was zur Folge hat, das mehr Schaden ausgeteilt wird. Am Wichtigsten ist in der Servicstation jedoch die MediBay, hier findet unser Held zur alten Stärke zurück, ähnlich dem Bonfire aus der „Dark Soul’s“ Reihe. Hier können wir auch die Kernleistung unseres Exoskeletts erhöhen, was dem Levelaufstieg in „Nioh“ gleichkommt. Ein weiterer Punkt wäre die Anbringung wichtiger Implantate, die andere Fähigkeiten mit sich bringen, wie zum Beispiel die Ab- oder Aufbaugeschwindigkeit der Energie, oder wie viele Gesundheitsinjektion einem zur Verfügung stehen. Bei den Implantaten gibt es auch eine Untergliederung, zu einem fest implantierte, die nur an der MediBay auszuwechseln sind und steckbare Implantate, die zu jedem Zeitpunkt getauscht werden können. Die dritte und letzte Notwendigkeit der Kernleistung findet sich in den Arbeitsbereichen wieder. Hier wird immer eine gewisse Leistung erfordert um den jeweiligen Bereich zu betreten oder zu verändern. Um diese ganzen Aktionen und Modifikationen überhaupt benutzen zu können, muss etwas als Gegenleistung herhalten. Hier kommt die Währung – das Altmetall ins Spiel, dass wir von jedem besiegten Gegner erbeuten. Besiegt man mehrere CREO-Angestellten ohne zurück zum „Safehouse“ zu gehen, erhöht sich der Multiplikator immer weiter, was nach einer kurzen Zeit schon eine erhebliche Auswirkung an gewonnen Altmetall verursacht. Irgendwann schwinden aber auch dem besten „Mitarbeiter des Monats“ die Kräfte. Sollte dies eintreffen, bleibt die gesammelte Menge Schrott an der Stelle des letzten Ausstempelns liegen. Nach erneutem Schichtantritt wird einem eine Zeit von zwei Minuten und dreißig Sekunden gegeben, um an seinem verlorenen Vorräten zu gelangen, sollte dies nicht funktionieren, behält sich „CREO“ vor den Lohn einzubehalten.
Zum Glück schreibt jeder erlegte EX-Kollege, dem auf den Weg ein weiteres Mal der Stecker gezogen wird, zwanzig Sekunden auf unser Zeitkonto gut. Merkwürdig ist des Öfteren, dass die zahlreichen Widersacher ihren Arbeitsbereich ungern verlassen, liegt eine gewisse Entfernung zwischen diesen, nehmen sie schnellstmöglich die für sie vorgesehene Stelle wieder ein. Dadurch sind mehrere Bereiche unwesentlich schwerer Einzunehmen, vor allem in den engen Gebieten. Es gibt durch die gezielte Auswahl von Waffen und Körperteilen reichlich Animation zu bestaunen, die dazu führen, seinen Kontrahenten auf die Bretter zuschicken. Sobald das letzte Fünkchen aus dem Gegenüber geschlagen wurde, geht dieser in Flammen auf und verschwindet bis zum nächsten Besuch bei der MediBay aus der Spielwelt.
Jede Waffenklasse hat natürlich auch ihr eigenes Moveset und auch ihre eigenen Vollstreckungsmanöver, die vor brutalen Szenen keinen Halt machen. Je nach Geschmack kann man diese unter anderem in den Optionen anpassen. Als tatkräftigen Begleiter wird einem eine Drohne zum Dienst gestellt, diese ist das Äquivalent zum Pfeil und Bogen und dient somit als Fernwaffe. Die Drohne kann mit verschiedensten Modulen verbessert und auf den eigenen Spielstil abgestimmt werden. Das erwähnte Optionsmenü geizt nicht mit Änderungsmöglichkeiten.
Umfang
Mit The Surge wird uns ein solider Spielumfang geboten. Die erkundbaren Areale sind stark verwinkelt und mit vielen versteckten Items versehen. Insgesamt gibt es sieben große Bereiche zu entdecken, die alle durch das Bahnnetz der „CREO GmbH“ verbunden sind. Jedes dieser Firmenkomplexe hat, vor dem Verfall seinen individuellen Aufgabenbereich. Durch die teilweise sehr engen Gänge, streifen zahlreiche Ex-Arbeiter, die nicht leicht zu beseitigen sind. Ist man zum ersten Mal in einem neuen Gebiet, ist es schwierig den richtigen Weg auszumachen, aber alle Richtungen führen letztendlich zusammen und vermitteln einen schlüssigen Gesamteindruck.
Beim ersten Besuch fehlt oftmals die benötigte Kernleistung, um alle geheimen Bereiche in einem Areal zu erschließen, dies kann aber zur jeder Zeit nachgeholt werden. Fernab von den großzügigen Leveln, wurde auch an einen „New Game Plus Modus“ gedacht, um die tödliche Welt unter noch schwierigeren Bedingungen zu erleben. Es ist nicht nur einfach schwerer gemacht worden, sondern die ganze Umgebung erfreut sich an neuen Widersachern, die Jagd auf uns machen. Was leider in The Surge komplett fehlt, ist der Online-Aspekt, dieser findet in keiner Form Platz im Spiel.
Grafik
Obwohl nur ca. 5,4 Gigabyte auf der Festplatte installiert sind, kommt das neue Sci-Fi-RPG aus dem Hause Deck 13 mit der selbst entwickelten FLEDGE-Engine, in einem schönen Gewand. Die Firma. in der sich unser Maschinist Warren bewegt, ist glaubwürdig und so lebendig dargestellt, soweit es denn in einer von Tötungsmaschinen strotzenden Welt nur möglich ist. Es gibt mehrere Objekte wie Kisten und Tonnen, die auf unsere Aktionen reagieren, solange sie sich noch im kompletten Zustand befinden, in diesen gibt es dann auch gelegentlich nützliche Items.
In unserem Test haben wir keine schwerwiegenden Grafikfehler entdeckt, nur ab und an mal ein schwebendes Häufchen Gras oder einen Gegner der zur Hälfte im Boden verschwand. In The Surge gibt es viele Bereiche, wo eine glaubwürdige Atmosphäre, alleine durch die Lichteffekte erzeugt wird . Viele Bereiche kommen ohne Beleuchtung aus, diese können dann später mit genug Kernleistung unter Strom gesetzt werden, um die Lichtquellen zu aktivieren.
Sound
Dieser könnte auch stellenweise in einem Horrorfilm Verwendung finden. Vor allem in engen dunklen Tunneln, wenn die Schulterleuchten unsere einzige Lichtquelle darstellen, können wir es mit der Angst zu tun bekommen. In den normalen offenen Gebieten bringen die umhertaumelnden Willenlosen, mit ihrem Gestöhne und Geschreie, die nötige Schrecksekunde mit sich. Die Musik passt immer zur aktuellen Gefahr und vermittelt ein schönes Gefühl der Unterlegenheit. Auch in den Bosskämpfen gibt es einen harten Sound auf die Ohren, der immer mal wieder an Fahrt aufnimmt.
Vielleicht liegt es an dem deutschen Entwicklerstudio, dass die gewählten Synchronsprecher passend und glaubwürdig vertont wurden. Es gibt zwar ab und zu mal ein paar Zeilen, die nicht ganz den Ernst der Lage widerspiegelt , aber worüber man sich nicht aufregen muss. Die englische Sprachausgabe klingt auch sehr authentisch und mit viel Liebe eingesprochen. Zu finden sind auch mehrere Audiologs, die einen kleinen Abstecher in der Zeit vor dem „Zwischenfall“ tätigen, durchweg wurden diese stimmig eingesprochen.
Fazit
Deck 13 hat mit The Surge wirklich ein heißes Eisen im Feuer und muss nicht vor der Konkurrenz versteckt werden. Zumal ein Rollenspiel im Sci-Fi Gewand ein spannender Ansatz ist. Es ist durch seinen fordernden Schwierigkeitsgrad natürlich nicht für jeden geeignet. Vor allem im „New Game Plus“ zieht dieser nochmal ordentlich an und man darf sich nicht mehr so viele Schnitzer erlauben. Schade das es keine Mehrspieleranbindung gibt, da wäre noch etwas Luft nach oben gewesen. Großartige Bosse versperren uns das nächste Gebiet und diese verlieren mit zunehmender Kampflänge immer mehr von ihrer anfänglichen Statur und zerfallen in deren Einzelteile. Wer kein Problem mit einem modernen Setting im Jahre 2064 hat und auf gewisse Herausforderungen steht, kann ohne Bedenken zugreifen.
The Surge ist ein sehr gelungenes Sci-Fi-RPG, mit einem sehr gut durchdachten Kampfsystem und aufregenden Kämpfen, wobei etwas mehr nicht verkehrt gewesen wäre. Denn in den rund 40 Stunden Spielzeit, kann einem ordentlich der metallverstärkte Hintern aufgerissen werden.
The Surge erscheint heute am 16. Mai 2017 für PlayStation® 4, Xbox One sowie PC. Besuchen Sie die offizielle Webseite für mehr Informationen.