Mit Assassins Creed Origins wagt sich die Serie weiter in die Vergangenheit als jemals zuvor. Auch mit vielen Neuerungen versucht Ubisoft die angestaubte Franchise wieder neues Leben einzuhauchen. Ob dieses Vorhaben gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Test.
Ersteindruck
Assassins Creed Origins verschlägt uns über zweitausend Jahre in die Vergangenheit, mitten hinein in das fruchtbare Nil-Delta des alten Ägypten. Hier übernehmen wir die Kontrolle von Bayek – einem Medjai im Städtchen Siwa. Bayek befindet sich auf einem blutigen Rachefeldzug. Seitdem eine Gruppe korrupter Hohepriester seinen Sohn ermordete, will er all jene zur Verantwortung ziehen, die im schicksalhaften Komplott ihre Finger im Spiel hatten. Doch was als einfacher Rachefeldzug beginnt, zieht immer weitere Kreise, und bald schon, macht Bayek Entdeckungen, die ganz Ägypten erschüttern lassen.
Ohne Große Umschweife katapultiert uns die Story in die Spielwelt. Alles beginnt mit dem ersten Attentat auf einem der Hohepriester, der sich in einer alten Tempelanlage nahe Siwa versteckt hält. Die erste Quest fungiert als Tutorial und Story-Prolog gleichermaßen und gibt uns einen kleinen Vorgeschmack darauf, was Origins zu bieten hat. Nach etwa 30 Minuten, nachdem diese Quest erledigt ist, steht uns die gesamte Spielwelt Ägyptens offen. Und die ist schlichtweg riesig und lässt uns durch heiße Wüsten reiten, die Totenstadt Memphis erkunden, in der Gladiatoren-Arena von Kyrene kämpfen oder die Cheops-Pyramide von Gizeh besteigen.
Das Setting des alten Ägyptens ist Ubisoft fabelhaft atmosphärisch und glaubwürdig gelungen. Die Spielwelt atmet zu jeder Zeit die Schönheit Ägyptens. Jedes Stadttor schmücken riesige Büsten ägyptischer Götter. In opulenten Tempelanlagen können wir den mystischen Totenkult der Ägypter bestaunen und auf den Flüssen, an deren fruchtbare Ufer das Papyrus-Schilf wächst, fahren die Händler mit ihren Trieren. Nur wenige Open-World-Titel schaffen es, ihre Welt so eindrucksvoll und schön zu präsentieren.
Gameplay
Schauen wir uns einmal das Gameplay der früheren Serien-Ableger an, dann fällt auf, dass sich die Serie immer auf einfache Mechaniken verlassen hat. Mechaniken, die die Serie zum einen so beliebt gemacht haben und zum anderen dafür sorgten, dass sie sich über die Jahre immer mehr festgefahren hat. Mit Assassins Creed Origins traut sich Ubisoft einige große Gameplay-Änderungen. Da wäre zum Beispiel das Kampfsystem, welches in der Vergangenheit immer als ein zu abwechslungsarmes Hau-Drauf beschrieben wurde. Für Origins wurde ein völlig neues Kampfsystem ins Spiel gebracht, dass sich an Kampfsysteme von Bloodborn oder The Witcher 3 bedient. Bayek beherrscht einen schnellen Schlag, einen starken Schlag, er kann Schläge mit seinem Schwert parieren, mit dem Schild blocken oder eine Ausweichrolle vollziehen.
Das neue Kampfsystem funktioniert über weite Strecken gut und beschert uns die bis dato besten und taktischsten Kämpfe in einem Assassins Creed. Gerade dann, wenn wir auf einen starken Kontrahenten treffen, der sich etwa mit einem schweren Schild schützt und mit der Langwaffe kräftig austeilt, kommen wir mit dumpfen Tastengekloppe nicht mehr weit. Und spätestens dann, wenn wir in ein feindliches Lager eindringen, in dem gleich mehrere duzend Gegner patrouillieren, müssen wir aus dem vollen Set von Bayeks Fähigkeiten schöpfen. Daraus entwickelt sich schnell ein spannendes Gefecht, welches fließend in Schleichen, Klettern, verdeckten Kämpfen und offenen Gefechten übergeht.
Auch Pfeil und Bogen hat Bayek im Repertoire, mit dem das Kampfsystem noch eine weitere Ebene bekommt – dem Fernkampf. So spaßig das Kampfsystem auch funktioniert, es kommt auch in Origins nicht ohne Macken aus. So ist die Kollisionsabfrage zwischen uns und den Gegnern oft recht unsauber. Und dann, wenn wir auf die eher schwachen Standard-Gegner treffen, fällt das Kämpfen allzu oft in stupides Herumgekloppe zurück. Deshalb empfehlen wir, Assassins Creed Origins auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad zu spielen.
Die allergrößte Neuerung aber sind die Rollenspiel-Elemente, die mit Origins Einzug halten. Bayek erhält für jeden besiegten Gegner, abgeschlossene Quest oder aufgedecktes Event Erfahrungspunkte, die uns Level aufsteigen lassen. Mit jedem Levelaufstieg erhalten wir einen Fähigkeitspunkt, den wir in eine der insgesamt 50 Fähigkeiten investieren können. Das Skill-System erinnert stark an das, wie wir es von Horizion Zero Dawn kennen. Unsere Ausrüstung können wir ebenfalls verbessern, indem wir Ressourcen wie Tierhäute sammeln. Waffen können wir überall in der Spielwelt finden. Jede Waffe hat dabei einen bestimmten Schadenswert und mitunter auch besondere Effekte, wie zum Beispiel einen Blutungs-Schaden, durch den ein Feind, einmal getroffen, blutet und stetig Energie einbüßt.
Dadurch dass wir mit jeder unserer Aktionen Erfahrung und neue Items sammeln können, erhalten auch die unzähligen geheimen Orte, die überall auf der Spielkarte verteilt sind, eine neue Tiefe. Vorbei die Zeiten, in der das Sammeln von versteckten Federn eine langweilige Fleißarbeit war.
Umfang
Dadurch, dass wir mit Ägypten eine riesige Spielwelt erkunden dürfen und sich dieses Erkunden auch noch mit unzähligen Items bezahlt macht, schwillt auch der Umfang von Assassins Creed auf nie dagewesene Größen an. Über 100 Haupt- und Nebenquests gilt es außerdem zu absolvieren. Dabei schwankt der Abwechslungsreichtum dieser Quests aber recht stark. Zum einen bekommen wir des Öfteren die obligatorischen 08/15-Quests ala „Reite in das Lager der Gegner und rette die Geißeln“ und zum anderen befinden sich darunter auch immer wieder Quests, die sich spannend und vielfältig in neue Questreihen verzweigen. Fernab davon erkunden wir alte Grabkammern, finden die mysteriösen Steinkreise, Liefern uns in Alexandria spannende Streitwagen-Rennen oder kämpfen in der Gladiatoren-Arena gegen besonders mächtige Kontrahenten.
Nach etwa 50 Stunden Spielzeit dürfte man mit der Hauptstory durch sein. Wer allerdings alle interessanten Winkel in Ägypten aufdeckt, alle Nebenquests abschließen und sämtliche wertvollen Waffen ergattern möchte, dürfte mit 70 bis 80 Stunden rechnen.
Grafik / Sound
Die tolle Optik von Assassins Creed macht Ägypten nur noch schöner. Selbst an kleine Details wurde gedacht. Wenn der Wüstenwind die Sanddünen aufwirbelt und unsere Spuren im Sand verwischt, ist das immer wieder ein tolles Detail. Auch die charakteristische Architektur der alten Ägypter ist mit viel Liebe zum Detail auf den Bildschirm gebracht worden. Assassins Creed Origins ist der bis dato schönste Ableger der Serie. Erkauft wurde diese opulente Grafik allerdings mit einer unstetigen Framerate, die ab und zu unter die 30 Bilder-Marke rutscht. Auch beobachten wir immer wieder, dass einzelne Texturen unscharf und matschig erschienen, bevor sie mit einiger Verzögerung in höherer Auflösung dargestellt wurden.
Die PS4 Pro Version läuft in einer Auflösung von 1440p und HDR-Unterstützung bei 30 Bildern pro Sekunde.
Der Sound gibt eine lebhafte Spielwelt wieder. Die deutschen Synchronsprecher machen durchweg einen glaubwürdigen Eindruck und auch der Soundtrack ist an altägyptische Musik angelehnt.
Fazit
Mit Assassins Creed Origins verpasst Ubisoft der eingestaubten Serie eine Frischzellen-Kur, die unbedingt nötig war. Das verbesserte Kampfsystem ist ein großer Schritt nach vorn. Auch das allgemeine Gameplay profitiert von den Rollenspiel-Elementen.
Bisher galt das 2009 erschienene Assassins Creed 2 als mein persönlich liebster Ableger der Reihe. Mit Origins ändert sich das nun. Kein anderes Assassinen-Abenteuer gestaltet sich bisher so motivierend und abwechslungsreich im Gameplay.
Kurzum: Assassins Creed Origins erfindet sich neu und bleibt dennoch sich selbst treu und ist hinter Horizion Zero Dawn wohl das beste Open-World-Erlebnis in diesem Jahr.
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