[ TEST ] Ausflug nach Trüberbrook – Handgemacht und Mysteriös

Point-and-Click Adventures hatten in den 90ern ihre große Zeit. Heute wird das Genre von nur wenigen Studios bedient und am Leben gehalten.  Die bildundtonfrabrik entführt uns mit „Trüberbrook“ ins Deutschland der späten 60er Jahre und räumt damit gleich zwei Preise beim Deutschen Computerspielpreis 2019 ab. Ob das Spiel hält was es verspricht, haben wir für euch herausgefunden.


Die bildundtonfabrik (btf GmbH) ist ein Fernsehproduktionunternehmen aus Köln-Ehrenfeld, das am 17. Januar 2012 von Philipp Käßbohrer und Matthias Murmann gegründet wurde. In Köln bestehen zwei Standorte; ein weiterer in Berlin, wo auch das Spiel Trüberbrook entwickelt wurde. Bekannt ist es vor allem durch die Produktion der ZDF-Sendungen Roche & Böhmermann, Schulz & Böhmermann und Neo Magazin Royale. Das Unternehmen umfasst mittlerweile über 90 Angestellte, darunter eine große Anzahl Studenten der Kölner Kunsthochschule für Medien. Das Adventure Trüberbrook spielt in den 1960er-Jahren im namensgebenden fiktiven deutschen Dorf Trüberbrook. Das Spiel wurde am 12. März 2019 erstmals als Download veröffentlicht. Besondere Aufmerksamkeit fand die Presse für den aufwendigen Grafik-Stil, der mit Photogrammetrie ermöglicht wurde. Das Spiel gewann den Deutschen Computerspielpreis in den Kategorien „Bestes Deutsches Spiel“ als auch „Beste Inszenierung“.


Angekommen in Trüberbrook, wo die Welt noch in Ordnung scheint

Ersteindruck

Wunderschöne Puppenkiste

Im Bulli kommen wir in Trüberbrook an

Trüberbrook startet mit einem Prolog, in dem uns sofort der besondere Grafikstil des Spiels auffällt. Wir steuern die junge Antropologin Gretchen, die mit ihrem Motorrad an einer verlassenen Tankstelle ankommt. Wir brauchen Kühlwasser und Benzin, damit wir weiterfahren können. Die Tankstelle und alle Assets in dieser Szene wirken irgendwie echt. Wie ein Diorama, ein Model in Puppenhausgröße. Und genau das ist es auch. Dazu aber später mehr. Zuerst einmal machen wir uns mit der Steuerung vertraut. Wir finden per Mauszeiger verschiedene Punkte, die dann durch Anklicken eine Aktion wie das Betrachten und Kommentieren durch Gretchen auslösen oder aber direkt zu einem Ereignis führen. Ein Tritt gegen die Regenrinne etwa, fördert einen Schlüssel zum Vorschein, mit dem wir uns Zugang zur Tankstelle verschaffen.  Wer sich also mit Point-and-Click Adventures auskennt, findet sich schnell zurecht. Die Steuerung geht leicht von der Hand und die Kombination von Items findet so gut wie automatisch statt.


Grafik und Sound

Handgemacht und liebevoll inszeniert

Damals waren Computer noch ziemlich groß…

Wie schon einleitend angesprochen besticht Trüberbrook durch einen ganz besonderen Grafikstil, der auch zu einem der gewonnen Preise bei der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises beitrug. Das Team der BildundTonFabrik, das schon mit den Spielen zum, ebenfalls von ihnen produzierten,  NeoMagazin Royale erste Erfahrungen sammeln konnte, setzt in Sachen Grafik mit Trüberbrook neue Maßstäbe. Alle Szenen des Spiels sind von Hand als Kulisse gebaut, unterschiedlich ausgeleuchtet und dann digitalisiert worden. Mit der Technik der Fotogrammetrie erstellte man so perfekte dreidimensionale Modelle dieser Szenen, die dann bearbeitet ihren Weg ins Spiel finden. Damit wirken die Schauplätze in Trüberbrook irgendwie echt und doch auch unwirklich. Fast fühlt man sich als spiele man in Szenen der Augsburger Puppenkiste. Dabei ging das Team sehr liebevoll ins Detail und liefert der Geschichte des Spiels eine wunderschöne Bühne. Ob es der Müllberg unterm Baumhaus eines Aluhutträgers ist oder die aufwendige Ausstattung eines wissenschaftlichen Labors, die Szenen sind toll gebaut und laden zum Entdecken ein. Auch auf eine korrekte Beleuchtung wurde Wert gelegt und so sind alle Lichtquellen direkt in die Szenen eingebaut worden. Besser könnte man es wohl kaum simulieren. Die Spielfiguren sind allerdings vollständig modelliert und entzücken durch übertriebene aber liebevolle Überzeichnungen. Ganz im Comicstil, etwas schrullig und doch liebenswert sind unser Protagonist und alle Nebenfiguren entworfen und geformt. Der alte Freiherr von Sülz etwa sitzt im Rollstuhl, trägt eine Pickelhaube und Orden, und meckert. Über alles.  So wie es sich für einen alten verbitterten Opa gehört. Die Tochter der Pensionsbesitzerin interessiert sich nur für den Fernseher und der Eremit im Baumhaus erklärt uns die Überwachung durch den Staat.

Die Szenen in Trüberbrook sind von Hand gebaut und per Photogrammetrie digitalisiert

Musikalisch wird Trüberbrook von eher ruhigen und teils jazziger Musik untermalt. Dabei bleibt die Musik immer im Hintergrund und lässt uns das Spiel sehr entspannt geniessen. Viele Titel erinnern an die Serie Twin Peaks, die auch offensichtlich in der Entwicklung des Spiels Pate stand. Die beiden Produzenten Sebastian Nagel und Albrecht Schrader tragen mit ihren tollen Stücken maßgeblich zur Stimmung im Spiel bei. Alle anderen Sounds wirken realistisch und gezielt eingesetzt  und sorgen für eine schöne Atmosphäre. Auch viele Hintergrundgeräusche wirken sehr gut gemischt und bringen uns dank 7.1 Headset oft zum inne halten, ob dem Glauben, dass ein Geräusch aus unserer Wohnung statt aus dem Spiel stammt.  Dennoch ist Trüberbrook ein eher ruhiges Spiel, dass uns mit Lärm und zu vielen Geräuschen verschont. Die Sprecher der Figuren machen allesamt einen guten Job, obwohl einige von ihnen manchmal etwas gelangweilt klingen. Prominent unter Ihnen sind die Schauspielerin Nora Tschirner, die Gretchen spricht und Jan Böhmermann, der als Wissenschaftler testet ob wir möglicherweise ein Außerirdischer sind. Dabei sollte man das Spiel auch mal auf die englische Version stellen,  um die schönen deutschen Akzente nicht zu verpassen. Alles in Allem, lässt sich Trüberbrook schön anschauen und anhören.

Die Charaktere im Spiel sind allesamt wunderbar entworfen und ausgearbeitet

Gameplay und Story

Entspannt erforschen wir die deutsche Provinz

Oft laden die wunderschönen Szenen zum Verweilen ein.

Die Geschichte von Trüberbrook wäre hier schnell erzählt. Wir werden sie allerdings nur kurz anreissen um nicht zu spoilern.  Der von uns gesteuerte Protagonist des Spiels Hans Tannhauser,  Student der Quantenphysik aus Amerika, hat in einem Preisausschreiben eine Reise ins beschauliche Provinznest Trüberbrook gewonnen. Komisch ist daran nur, dass er nie wissentlich an einem Gewinnspiel teilgenommen hat. Die Geschichte spielt in den späten 60er Jahren, irgendwo in einem westdeutschen Mittelgebirge. Trüberbrook ist ein kleines verschlafenes Nest in den Bergen, an einem wunderschönen See gelegen und außer einer alten Mine gibt es hier nicht viel zu sehen. Obwohl, es findet bald ein Dorffest mit Tombola statt. Nach einer langen Fahrt im Kleinbus kommen wir in Trüberbrook an und checken direkt im Gasthaus ein. Die Besitzerin Trude begrüsst uns freundlich und auch Gretchen, die Dame aus dem Prolog, treffen wir hier wieder. Nach einem kurzen Gespräch mit ihr nimmt die Geschichte Fahrt auf, und wir finden uns schnell in einer Abfolge mysteriöser Zusammenhänge wieder, die sich zu einem spannenden Finale aufbauen. Dabei bietet uns Trüberbrook viele tolle Anspielungen in Bezug auf Science-Fiction, Popkultur und alte Lucas-Arts-Spiele des Genres. Selbstdichtende Schaftbolzen, kennt man doch wohl. Am Ende retten wir die Welt, wie immer, vor dem sicheren Untergang. Damit ist zur Story aber genug verraten. Eines sei aber gesagt. Die Geschichte ist spannend erzählt und es gibt durch die tollen Charaktere viel zu schmunzeln und einige Momente, die in Erinnerung bleiben.

Die Pension wird unsere Basis in Trüberbrook

Wie schon erwähnt, spielt sich Trüberbrook wie von Point and Click Adventures gewohnt. Wir betreten eine Szene, finden Gegenstände und aktivieren Schalter. Dabei lösen wir meist einfache Rätsel und nur ganz selten wird es etwas schwieriger. Es gibt einige Kombinationen aus Items und Aktionen die man nur durch Trial und Error herausfindet. Bei einem dieser Momente dachten wir sogar, dass wir einen Bug entdeckt hätten. Wir fanden allerdings später eine Lösung, nachdem wir schon fast aufgeben wollten. Das Kombinieren von Items läuft dabei immer automatisch ab. Habt ihr die nötigen Gegenstände im Inventar, könnt ihr eine damit verbundene Aktion auslösen ohne selbst etwas basteln zu müssen. Das macht das Spielen sehr einfach, ja fast schon zu einfach. Mit insgesamt 5  Spielstunden hält sich die Spielzeit auch deutlich in Grenzen. Wir hätten uns definitiv noch ein paar zusätzliche Stunden in Trüberbrook gewünscht. Bei einigen Spielabschnitten wären einige zusätzliche und vor allem schwierigere Rätsel sicher machbar gewesen. Dennoch hatten wir viel Spaß und eine gute Unterhaltung.


Fazit

Wir freuen uns auf einen zweiten Teil

Trüberbrook ist ein würdiger Vertreter des Genres der Point-and-Click Adventures. Die Geschichte ist toll erzählt und das Spiel glänzt vor allem durch die unglaublich schönen und handgemachten Szenen. Auch die musikalische Untermalung kann überzeugen und rundet, gemeinsam mit den Sounds, die Atmosphäre ab. Die Sprecher klingen manchmal zwar etwas gelangweilt, machen ihren Job aber durchaus sehr gut. Die englische Sprachausgabe überzeugt uns allerdings mehr. Leider ist das Spiel recht schnell durchgespielt und bietet wenig Herausforderung für erfahrene Fans des Genres. Die Geschichte ist zwar interessant erzählt, sie könnte aber durchaus mehr Tiefgang und Zeit gebrauchen. Auch die zu lösenden Rätsel sind eher einfach gehalten und sorgen damit zumindest nicht für Frust. An ein Deponia oder Book of Unwritten Tales reicht Trüberbrook leider nicht heran. Auch der relativ hohe Preis, gemessen an Spielzeit und Inhalt, schreckt Fans vielleicht ab. Da das Studio aber noch nicht sehr lange im Gaming-Bereich arbeitet, sind wir auf weitere Spiele gespannt. Vielleicht bekommen wir in Trüberbrook 2 ja deutlich mehr zu tun.

Trüberbrook ist für PC, Playstation und Nintendo Switch erhältlich.

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